Schuldenkrise: Griechenland muss sich entscheiden
Banges Warten in Athen: Staatspräsident Papoulias gilt als die letzte Hoffnung bei der Regierungsbildung. Klappt das nicht, droht der Ausschluss aus dem Euro. Über die möglichen Folgen wird kräftig gestritten.
Griechenland gerät immer stärker unter Druck. Nach dem Scheitern der Sondierungsgespräche zur Bildung einer Regierung in Griechenland soll es Präsident Karolos Papoulias richten. Schon an diesem Sonntag will der 82-Jährige mit den Vorsitzenden der drei stärksten Parteien – Antonis Samaras (Nea Dimokratia), Alexis Tsipras (Syriza) und Evangelos Venizelos (Pasok) – zusammentreffen. Sollte er scheitern, finden Neuwahlen statt. Als mögliche Termine werden der 10. oder der 17. Juni genannt.
Die gemäßigten Parteien wollen das insolvenzbedrohte Griechenland in der Euro-Zone halten, aber das Sparprogramm aufweichen. Nach aktuellen Umfragen würden die Radikalen Linken, die fordern, Athen müsse das Sparprogramm auf Eis legen, bei Neuwahlen mit 23,8 Prozent stärkste Partei werden.
Findet das krisengeplagte Land keinen Ausweg aus der vertrackten innenpolitischen Lage, läuft Griechenland Gefahr, die Unterstützung der Euro-Zone zu verlieren. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), bekräftigte, dass Deutschland sich auf einen Ausstieg Griechenlands aus der Euro-Zone vorbereite. „Wir können kein Land zwingen, im Euro zu bleiben. Natürlich wollen wir nicht, dass Griechenland aussteigt“, sagte der CDU-Politiker der „Welt am Sonntag“. Aber die Bundesregierung wäre „eine komische Regierung“, wenn sie sich nicht auf alle denkbaren Fälle vorbereiten würde. Auch der finanzpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion und Bundestagsvizepräsident, Hermann-Otto Solms, hält einen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone für verkraftbar. „Die Euro-Zone würde einen Austritt Griechenlands verkraften, weil die Teil-Entschuldung Griechenlands im Gang ist und weil eine Insolvenz des Landes andere europäische Banken nicht mehr in große Schwierigkeiten bringen würde. Aber klar ist auch, dass wir das nicht wünschen“ sagte Solms dem Tagesspiegel.
Die Krise der Griechen in Bildern
Der CDU-Fraktionsvize im Deutschen Bundestag und finanzpolitische Sprecher, Michael Meister, sieht die Euro-Zone ebenfalls gewappnet. „Unser Ziel ist es nicht, einen Mitgliedstaat zum Verlassen der Eurozone zu bewegen“, sagte Meister dem Tagesspiegel. Aber bei einer Insolvenz Griechenlands sei „die unmittelbare Ansteckungsgefahr für andere Euro-Länder heute nicht mehr so hoch wie noch vor zwei Jahren, dafür sorgt der EFSF und zukünftig auch der ESM.“ Meister fordert von den Griechen, den Sparkurs konsequent fortzusetzen. Die Hilfspakete für Griechenland seien an Reformbedingungen gekoppelt. „Wir stehen zu unserer Vereinbarung, aber wenn Griechenland einen anderen Weg wählt, dann kündigt das Land die Vereinbarung einseitig und muss die Konsequenzen tragen. Für Nachverhandlungen gibt es keinen Spielraum.“
Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker sagte dagegen, die europäischen Partner müssten ihren Zeitplan auf den Prüfstand stellen und die Verträge mit Griechenland im Zweifel nachbessern. Sollte sich die Regierungsbildung weiter verzögern oder sollte es Neuwahlen geben, brauche Griechenland mehr Zeit. Bundesbankpräsident Jens Weidmann warnte Griechenland aber davor, Verträge mit dem Internationalen Währungsfonds IWF und der EU nicht einzuhalten. „Wenn Athen nicht zu seinem Wort steht, dann ist das eine demokratische Entscheidung. Daraus folgt aber auch, dass die Grundlage für weitere Finanzhilfen entfällt. Auch die Geberländer müssen sich gegenüber ihrer Bevölkerung rechtfertigen“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“. Ein Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone hätte „für Griechenland gravierendere Folgen als für den Rest der Euro-Zone“.
Der finanzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Joachim Poß, sprach sich gegen Spekulationen über einen etwaigen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone aus. „Verbaler Druck von außen ist in dieser Situation nicht hilfreich“, kritisierte Poß. Nach Berechnungen der „Wirtschaftswoche“ würde ein Austritt Griechenlands, verbunden mit der Einstellung des Schuldendienstes, die Euro-Länder 276 Milliarden Euro kosten – allein Deutschland müsste demnach Ausfälle von 76,6 Milliarden Euro verkraften.