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Gregor Gysi beim Linken-Wahlkampfabschluss am Freitag auf dem Berliner Alexanderplatz
© dpa

Bundestagswahlkampf der Linkspartei: Gregor Gysi im Schlussspurt für Rot-Rot-Grün

Linken-Spitzenkandidat Gregor Gysi will die SPD gern erziehen - damit sie sozialdemokratischer werde. "Wenn es eine Mehrheit gibt jenseits von Union und FDP, muss man wenigstens miteinander reden", fordert er beim Wahlkampfabschluss seiner Partei.

Wenn Gregor Gysi eine Partei gar nicht mehr versteht, dann ist es die SPD. „Raus aus der Konsenssauce“ wolle er sie haben, sagt der Linken-Spitzenkandidat am Freitag bei einer Kundgebung auf dem Berliner Alexanderplatz. Aber er sieht sich bisher nicht erfolgreich. In der ihm eigenen spitzbübischen Logik fordert Gysi, für die Linke zu stimmen, damit die SPD sozialdemokratischer wird: „Das ist das Einzige, was sie erzieht.“ Und fordert: „Wenn es eine Mehrheit gibt jenseits von Union und FDP, muss man wenigstens miteinander reden.“

Zum letzten Mal in diesem Wahlkampf steht Gysi auf großer Bühne. An diesem Samstag wird er in den Schlussspurt gehen, am Abend noch bei Stefan Raabs TV-Sendung „TV Total“ sein. Es ist ein Einsatz, bei dem sich der 65-Jährige selbst übertroffen hat. Der Verband der Redenschreiber zeichnete ihn als besten Redner im diesjährigen Straßenwahlkampf aus, unter anderem wegen der „Übersetzung komplexer Sachverhalte in anschauliche Bilder“. Berlins Linken- Chef zollt Gysi zur Begrüßung „ganz große Hochachtung“ für seine Rolle in den vergangenen Wochen: „Ich hätte das nicht durchgehalten“, sagt Klaus Lederer.

Eben noch hat SPD-Kandidat Peer Steinbrück wieder einmal gesagt, dass er und seine Partei mit der Linken absehbar nichts zu tun haben wollen. Steinbrück erzählte in einem Radiointerview seine Version von einer geteilten Partei, pragmatische Ost-Linke und eine „sehr sektiererische Linkspartei in Westdeutschland, die ich in ihren Ursprungsformen alle schon mal erlebt habe. Als KBW, als KPD/ML, als Krypto-Anarchisten“.

Diese Sektierer sind sogar auf dem Ost-Berliner Alexanderplatz vertreten, verteilen den „Spartakist“ oder MLPD-Propaganda. Lucy Redler von der Sozialistischen Alternative SAV, die 2006 gegen die Linke bei der Berliner Abgeordnetenhauswahl kandidierte, hat einen Stand aufgebaut. Sie findet, dass die Linke nicht hinreichend Protestpartei sei und die AfD auch deshalb am Sonntag Chancen habe. „Das ist bitter.“ Ein anderer bringt zigfach einen kopierten Artikel aus der „Roten Fahne“ unters Wahlvolk, Überschrift: „Gregor Gysis Balztanz mit der SPD“. Gekommen ist auch Hans Modrow, Vorsitzender des Ältestenrates der Partei. Auch er findet es „nicht sehr klug“, dass Gysi und andere Spitzengenossen der SPD immer wieder Avancen machten – obwohl die abweisend blieb. "Das hätte man anders ausbalancieren müssen", sagt er.

Doch Gysi hat den Radikalen in seiner Partei längst Grenzen aufgezeigt. Mehr als 1000 Genossen und Sympathisanten harren brav aus, er redet bei Dauerregen mehr als eine Stunde lang. Für sie ist Gysi so etwas wie ein Schutzschirm. Sein Traumszenario: Lieber als selbst zu verlieren, wolle er nach der Wahl im Bundestag zu den anderen Fraktionschefs gehen und ihnen auf die Schulter klopfen, während die ob ihrer Wahlniederlage nur gequält lächeln können. „Wird schon“, will er ihnen dann sagen.

Matthias Meisner

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