Wolfgang Huber zum 75.: Gesegnet mit der Gabe des Denkens
Einer der bedeutendsten Theologen unserer Zeit, der mit seinen Thesen anstrengt – und begeistert. Zum 75. Geburtstag von Wolfgang Huber.
In Straßburg geboren - wer hätte das gedacht? Eigentlich hält man ihn ja doch eher für einen Preußen, einen Doppel-Preußen: von Geburt und Gesinnung. Und zwar im allerbesten Sinne. Durchdrungen von einem Pflichtbewusstsein ist er wie kein Zweiter, dazu gesegnet mit der Gabe des Denkens und der messerscharfen Analyse. Auch der auf die eigene Person bezogene und der seiner Herkunft. Sein Vater, gewiss ebenfalls ein Denkender, galt immerhin als herausragender Adept von Carl Schmitt, dem höchst umstrittenen „Kronjuristen“ des NS-Regimes. Er setzt sich dem aus und damit auseinander, bis in die Tiefen, bis heute. Liest öffentlich aus den Briefen des Vaters an Schmitt. Das tut keiner, der sich selbst schont.
Analyse, ja, die kann schwierig auszuhalten sein. Eben weil sie spitz sein und treffen kann. Doch manchmal, nicht wahr, ist sie auch nötig.
Wenn ein Diskutant zum Beispiel der Evangelischen Kirche wirklich und wahrhaftig empfehlen will, es doch einmal mit weniger Bildungsimpuls zu versuchen, weil ein Zuviel an Bildung zu mehr Unfrieden in der Welt führen könne – dann ist es wohl gut, dass der, um den es hier geht, theologisch, teleologisch, philosophisch, pädagogisch so antworten kann, dass dem Gegenüber die Ohren klingen. Und dem unbeteiligten Zuschauer die Augen aufgehen: Das ist der Grund, warum ihn manche nicht erst zu seiner Zeit als Bischof der Landeskirche und als Vorsitzender des Rates der EKD für brillant erklärten.
Seine Werke zum Protestantischen sind Pflichtlektüre
Brillanz schafft Distanz? Durchaus – nur vor allem bei denen, die sich abschrecken lassen. Wer bereit ist zum Disput, wer seine Sache oder These zu argumentieren und immer weiter mitzudenken versucht, der kann etwas erleben: Bereicherung. Beschert werden ist ein anderes Wort dafür. Anstrengend ist das, aber aufregend im Positiven halt auch.
Seine Werke zum Protestantischen sind, nicht nur weil er Professor ist und nicht nur für seine Anhänger, Pflichtlektüre. Sie setzen Maßstäbe, sind kategorial. Karl Lehmann, der katholische Kardinal, eine Geistesgröße, sieht ihn als Seinesgleichen an.
So wie es Skeptiker gibt, gibt es Anhänger; und ihre Zahl überwiegt bei Weitem. Schon gar im Verlauf der vergangenen Jahre, in denen er sanfter, ach was: geradezu sanft geworden ist. Tatsächlich und nicht nur für seine Verhältnisse, wie die sagen, die ihn länger kennen. Er kommt offener denn je daher, einladender. Er hält auf Distanz? Selten. Wenn er will.
Was wohl alles zusammengenommen auch dazu geführt hat, dass er beim vergangenen Mal Bundespräsident hätte werden können; wenn er denn gewollt hätte. Aber er wollte ja nicht, der Familie zuliebe, den Enkeln, der Gesundheit, den Freunden. Und weil er, einer der bedeutenden Theologen unserer Zeit, sicher am besten weiß, dass alles seine Zeit hat. Von wem die Rede ist? Na, von Wolfgang Huber natürlich. Heute wird er in Berlin 75.
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