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Wolfgang Huber, evangelischer Theologe und ehemaliger Ratsvorsitzender der EKD.
© dpa

Nachfolger von Joachim Gauck: Wolfgang Huber, der Menschenfischer

Wer andere bewegen kann, eignet sich als Bundespräsident. Zum Beispiel der ehemalige Bischof Wolfgang Huber. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Worum geht es beim Amt des Bundespräsidenten? Nicht um Postengeschacher, am besten nicht, sondern um Persönlichkeit. Die muss einer – oder eine – haben, die ins Bellevue einziehen will. Wenn der Spruch „Versöhnen statt spalten“ einen Sinn haben soll, dann dort.
Ein Bundespräsident hatte ihn einmal, gewissermaßen als Wahlspruch: Johannes Rau. Und gäbe es noch ein eigenes Wappen für den Präsidenten, dann müsste der da verewigt sein. Denn im Ernst: Spaltungen zu überwinden, gilt mehr denn je.

Die Gesellschaft droht zu zerfallen

Unsere Gesellschaft droht doch gerade in viele Partikularinteressen zu zerfallen, mögen das auch nicht alle, nicht viele wahrhaben. Die verschiedenen Interessen werden aber mit je unterschiedlicher Wucht vorgetragen, sie äußern sich auch mitunter bedrohlich für den Zusammenhalt des Gemeinwesens. Mit dem die vielen Unzufriedenen zu versöhnen, ist eine große Aufgabe.
Neue Parteigruppierungen sind gegenwärtig nicht notwendigerweise Teil vom Ganzen, das zum Ganzen beiträgt, zu dessen Wohle, sondern wirken mitunter wie Brandsätze. Das zum einen richtig zu analysieren und dann zum anderen daraus die richtigen Folgerungen zu ziehen und in die passenden Worte fassen zu können, ist das Gebot der Stunde – und zugleich die oberste Anforderung an jeden Kandidaten. Eine Schwäche auf diesem Feld können sich weder das Amt noch die Republik leisten.

Der Bundespräsident muss rhetorisch begabt sein

Das Amt nicht, weil sonst – ungeachtet der Verdienste Joachim Gaucks in dieser Hinsicht – die Debatte um seinen Wert für die Gesellschaft sofort wieder begänne. Die Republik nicht, weil sie jemanden benötigt, der zur intellektuellen und rhetorischen Reaktion sofort fähig ist, wenn es darauf ankommt. Und es kommt inzwischen ja arg oft darauf an. Bundespräsident ist auch kein Lehrberuf. Wer das Amt ausfüllen soll, im besten Sinn, muss Erfahrungen im Anleiten von Menschen haben, darf nicht vor allem auf sich selbst bezogen leben oder bisher gelebt haben. Damit ist jetzt umgekehrt ausdrücklich keiner vorhergehenden parteipolitischen Tätigkeit das Wort geredet, sondern eine überparteiliche gemeint.

Er soll zum Nachdenken anregen

Sich selber leiten zu können, ist hier Voraussetzung, doch vor allem, um eine Gesellschaft zum Nachdenken, Vorausdenken, zum Querdenken zu bringen. Oder anders: Man muss die Menschen bewegen können.
Proporz auf allen Ebenen in allen Ehren, aber das ist für diesen Fall kein Kriterium. Auch nicht die Religionszugehörigkeit entscheidet – aber sie darf nicht entscheidend gegen einen sprechen. Religion ist nicht politisch, nur dürfen die, die in der Politik sind, religiös sein. Ein klares Wertegerüst kann doch nun wirklich nicht schaden. Gerade für die Zukunft.
Vor dem Hintergrund ist kein Argument, sondern Unsinn, dass nach einem evangelischen Pastor kein evangelischer Bischof Präsident werden darf. Formal, weil – jetzt ganz konkret – weder Joachim Gauck Pastor war, als er ins Amt kam, noch Wolfgang Huber Bischof wäre. Nein, übergeordnet gilt: So wie der eine zu seiner Zeit der Geeignete war, Gauck, wäre es heute der andere, Huber.

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