BGH-Urteil: Geldstrafe reicht
Der Bundesgerichtshof hat das Urteil zum Feuertod von Oury Jalloh bestätigt: Der Polizeikommissar ist nur für fahrlässige Tötung verantwortlich und nicht für Freiheitsberaubung mit Todesfolge. Daher bleibt es bei der Geldstrafe von 10.800 Euro. Doch die Staatsanwaltschaft will weiter ermitteln, da die Umstände nicht restlos geklärt sind.
Der Verbrennungstod von Ouri Jalloh im Polizeigewahrsam von Dessau ist für die deutsche Strafjustiz abgeschlossen. Der Bundesgerichtshof hat am Donnerstag die Verurteilung des verantwortlichen Polizeibeamten wegen fahrlässiger Tötung bestätigt. Der 54-jährige Polizeihauptkommissar muss eine Geldstrafe von 10 800 Euro bezahlen. Dieses Urteil des Landgerichts Magdeburg ist jetzt rechtskräftig. Der 4. Strafsenat des BGH unter dem Vorsitz von Beate Sost-Scheible verwarf am Donnerstag sowohl die Revisionsanträge des Kommissars auf Freispruch als auch die Anträge der Staatsanwaltschaft und der Angehörigen auf eine härtere Verurteilung als unbegründet. (AZ: BGH 4 StR 473/13)
Der Kommissar hat einen ersten Alarm ignoriert
Der aus Sierra Leone stammende Ouri Jalloh war am 7. Januar 2005 morgens von der Polizei auf die Wache gebracht worden. Auf dem Weg schlug der damals 22-Jährige mehrfach den Kopf gegen das Auto, der Arzt stellte auf der Wache 2,98 Promille Blutalkohol und Drogenkonsum fest. Die Identität Jallohs wurde geklärt, trotzdem wurde er in Gewahrsam genommen. Wegen Gefahr der Selbstverletzung empfahl der Arzt eine Fixierung, also Fesselung der Arme und Beine. Ein Richter wurde nicht benachrichtigt. Als später der Rauchmelder ansprang, drückte der Dienstgruppenleiter den Alarm weg. Er sei von Fehlalarm ausgegangen, weil es den in der Vergangenheit mehrfach gegeben habe. Als der Kommissar schließlich zur Zelle ging, war es zu spät. Die Matratze brannte, Jalloh war durch Hitzeschock gestorben.
In einem ersten Prozess wurden die Polizeibeamten freigesprochen. Der BGH hob den Freispruch des verantwortlichen Dienstgruppenleiters 2010 auf, der Prozess wurde in Magdeburg neu aufgerollt. Dieses Mal wurde der Dienstgruppenleiter wegen fahrlässiger Tötung verurteilt – nicht aber wegen Freiheitsberaubung mit Todesfolge, wie es die Nebenkläger verlangt hatten.
Der BGH stellte am Donnerstag klar, dass der inzwischen suspendierte Hauptkommissar seine Pflichten mehrfach verletzt hatte. „Durch dieses pflichtwidrige Verhalten wurde der Tod Jallohs herbeigeführt“, sagte die Vorsitzende Sost-Scheible. Zwar hätte der Beamte umgehend einen Richter einschalten müssen, wie es das Landesgesetz von Sachsen-Anhalt vorschreibe. Trotzdem sei die unterlassene Einschaltung des Richters nicht als Ursache für Jallohs Tod zu bewerten, so Sost-Scheible weiter.
Kritik an der Urteilsbegründung
Auf hörbare Kritik des Publikums stießen die Ausführungen Sost-Scheibles, Jalloh habe die Matratze in seiner Zelle selbst angezündet. Das Landgericht habe zu diesem Punkt sechs Sachverständige gehört, betonte die Richterin. Die Beweiswürdigung, Jalloh habe den Brand selbst gelegt, sei „tragfähig und weder von der Staatsanwaltschaft noch den Nebenklägern infrage gestellt worden“. Das inzwischen erstellte Privatgutachten, das die Selbstanzündung infrage stellt, lag dem Landgericht nicht vor, deshalb konnte es auch vom BGH nicht einbezogen werden. Die Staatsanwaltschaft leitete deshalb inzwischen aber neue Ermittlungen ein. Gegen die jetzige BGH-Entscheidung gibt es jedoch keine Rechtsmittel.
Gabriele Heinecke, Rechtsanwältin von Jallohs Bruder Mamadou Saliou Diallo, kritisierte das Urteil als rechtlich unbefriedigend. „Wenn ein Richter Jalloh gesehen hätte, hätte er sicherlich keinen Anlass gesehen, den Gewahrsam fortzusetzen, und die Einweisung in ein Krankenhaus veranlasst.“ mit dpa