Reise nach Myanmar: Für den Papst beginnt eine schwierige Mission
Der Papst ist in Myanmar angekommen. Ausgerechnet katholische Bischöfe fordern ihn auf, in Rangun keine Unterstützung für die verfolgten Rohingya zu zeigen.
Papst Franziskus ist am Montag zu einem viertägigen Besuch in Myanmar eingetroffen. Um 7.49 Uhr mitteleuropäischer Zeit landete er auf dem internationalen Flughafen von Rangun. Vor der Reise sagte der Papst, er komme als Botschafter der Versöhnung, des Verzeihens und des Friedens. Die Visite findet vor dem Hintergrund des Konflikts um die muslimische Minderheit der Rohingya statt und gilt als politisch heikel. Von Montag bis Donnerstag wird er Myanmar besuchen und von Aung San Suu Kyi empfangen werden.
Myanmar und seine De-facto-Führerin stehen seit Monaten unter scharfer Kritik der Weltgemeinschaft, muslimische Rohingya systematisch zu verfolgen und zu Hunderttausenden in die Flucht nach Bangladesch getrieben zu haben. Mehr als 800 000 Menschen verließen ihre Heimat, die Zahl der Todesopfer wird auf rund 2000 geschätzt. Der Papst dachte nicht an eine Absage der Reise. Er stellt sich bewusst der schwierigen diplomatischen und moralischen Aufgabe, von Gastgebern empfangen zu werden, an deren Händen auch nach Auffassung der Vereinten Nationen Blut klebt. Die UN werfen Myanmar „ethnische Säuberung nach Schulbuch“ vor.
Der Papst solle "sehr vorsichtig" sein
Inzwischen sprechen auch die USA offiziell von „ethnischer Säuberung“ in Myanmar. Gezielte Sanktionen gegen Militärführer könnten der nächste Schritt sein. Der Besuch des Papstes, der mit Sicherheit an die ethischen, moralischen und religiösen Verpflichtungen der Gastgeber und die Nächstenliebe appellieren will, dürfte ihn in einen Konflikt mit Nobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi und einigen seiner eigenen Bischöfe bringen.
Katholische Bischöfe in Myanmar forderten Papst Franziskus nämlich dazu auf, während seines Besuchs keine Unterstützung für die Rohingya auszudrücken. Der Papst „muss sehr vorsichtig sein, damit wir weiterhin mit der neuen Regierung, dem Militär und dem Volk kommunizieren können“, sagte Kardinal Charles Bo, Erzbischof von Yangon. Das Thema, so warnte der Kardinal, könne die Demokratiebewegung unter Suu Kyi schwächen und eine Gegenreaktion militanter Buddhisten gegen die christliche Minderheit des Landes provozieren.
Suu Kyi will von Übergriffen gegen die Rohingya nichts wissen
Die Sichtweise der Außenwelt auf die Krise sei nun mal von „muslimischer Propaganda“ geprägt, sagte der Kardinal und drückte damit seine Sympathie für eine militärische Reaktion auf die angebliche Bedrohung durch militante Rohingya aus.
Suu Kyi ihrerseits hat unterdessen populistische, wenn nicht paranoide bis islamophobe Züge angenommen. Von inzwischen unanfechtbar dokumentierten Übergriffen gegen Rohingya will sie nichts wissen. Im Gegenteil. Unlängst vermengte sie Migration und Terrorismus, ohne die Massenflucht und eigene Terrortaten mit einem Wort zu erwähnen. Vor europäischen und asiatischen Außenministern sagte Suu Kyi am Montag: „Konflikte auf der ganzen Welt führen zu neuen Bedrohungen und Notlagen; zu illegaler Migration, Verbreitung von Terrorismus und gewalttätigem Extremismus, sozialer Disharmonie und sogar der Gefahr eines Atomkriegs.“
Mit anderen Worten: Suu Kyi erachtet jahrzehntelang stillschweigend geduldete Migration als Existenzbedrohung für Myanmars buddhistische Mehrheitsbevölkerung, obschon Muslime nur 3,8 Prozent der Gesamtbevölkerung von 52 Millionen ausmachten. Fast die Hälfte der Muslime ist inzwischen aus dem Land geflohen.
Erstmals ist ein Papst in dem buddhistischen Land
Franziskus’ Besuch ist der erste eines Papstes im buddhistischen Land, sieben Monate nach der Aufnahme der Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und Myanmar. Vor seiner Weiterreise nach Bangladesch wird er General Min Aung Hlaing treffen, Oberbefehlshaber der Streitkräfte Myanmars – eine Begegnung, so hofft Kardinal Bo, die „eine Möglichkeit sein könnte, wie der Papst ihn beeinflussen und sein Herz erweichen kann“.
Am Donnerstag haben Myanmar und Bangladesch bekannt gegeben, sie hätten sich auf die Rückkehr der Rohingya geeinigt. Ob die Rohingya das wollen, ist indes völlig offen. (mit dpa)
Daniel Kestenholz