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FN-Vizechef Florian Philippot hat gute Chancen im Osten des Landes.
© AFP
Update

Frankreich: Front National weiter im Aufwind

In einer Umfrage sprechen sich vier von zehn Franzosen dafür aus, dass der Front National künftig in mindestens einer Region regiert.

Vor der zweiten Runde der Regionalwahl in Frankreich befindet sich der rechtsgerichtete Front National (FN) weiter im Aufwind. Nach einer von der Zeitschrift "Nouvel Observateur" veröffentlichten Studie des Meinungsforschungsinstituts BVA sprechen sich 44 Prozent der Franzosen dafür aus, dass der FN mindestens in einer der 13 französischen Regionen regiert. Bei einer ähnlichen Umfrage im April hatten 31 Prozent dafür plädiert, dass der FN in einer Region ans Ruder kommt. Bei der aktuellen Umfrage sprachen sich 55 Prozent dagegen aus.

Vor der zweiten Runde der Regionalwahl am kommenden Sonntag stiegen die Aussichten des FN im Osten des Landes wegen eines innerparteilichen Streits bei den regierenden Sozialisten über die richtige Strategie in der Region Elsass-Champagne-Ardenne-Lothringen weiter. Dort hatte der Kandidat der Sozialisten, Jean-Pierre Masseret, in der ersten Runde am vergangenen Wahlsonntag ein miserables Ergebnis von 16 Prozent erzielt und war nur auf dem dritten Platz gelandet. Trotzdem weigerte sich der 71-jährige Masseret, den Rat der sozialistischen Parteizentrale zu befolgen und sich aus dem Rennen zurückzuziehen. Damit steigen automatisch die Chancen von FN-Parteivize Florian Philippot, der am vergangenen Sonntag mit 36 Prozent die meisten Stimmen im Osten des Landes verbucht hatte.

Premierminister Valls ruft zur Wahl von konservativem Kandidaten auf

Am Mittwoch verteidigte Masseret seine Entscheidung, weiter mit einer eigenen Liste in die zweite Runde der Regionalwahl zu ziehen. Die Wähler auf der linken Seite des Parteienspektrums und die Anhänger der Ökologen müsste eine echte Wahl haben, erklärte er. Zahlreiche Kommentatoren in Frankreich verurteilten die Haltung Masserets. Die Entscheidung zeuge von einer Mischung als „Hochmut und politischem Selbstmord“, hieß es etwa in der Zeitung „L’Est Républicain“. Premierminister Manuel Valls rief derweil die Sozialisten in der Region dazu auf, für den konservativen Spitzenkandidaten Philippe Richert zu stimmen und damit einen Wahlsieg des FN zu verhindern. Richert, der Kandidat der von Ex-Präsident Nicolas Sarkozy geführten Republikaner, hatte im ersten Wahlgang 25,8 Prozent der Stimmen erzielt. Masseret droht indes bei den Sozialisten ein Parteiausschlussverfahren.
Bei den Rechtspopulisten in Frankreich können sich drei Spitzenkandidaten in der zweiten Runde der Regionalwahl gute Chancen ausrechnen: Die 47-jährige Parteichefin Marine Le Pen in der nördlichen Region Nord-Pas-de-Calais-Picardie, ihre 25-jährige Nichte Marion Maréchal-Le Pen in der südfranzösischen Region aus Provence, Alpen und Côte d’Azur (PACA) – und Philippot im Osten. Anders als im Osten des Landes hatten sich die unterlegenen Spitzenkandidaten der Sozialisten im Norden und in der Region PACA zurückgezogen, um einen Wahlsieg des Front National zu verhindern.

Philippot steht für den Kurs der "Entdämonisierung"

Während die beiden aussichtsreichen Kandidatinnen aus der Le-Pen-Familie auf ihre politischen Gegner in aller Regel rhetorisch mit der Keule einschlagen, gilt der FN-Vizechef Philippot als intellektueller Kopf in dem Spitzenkandidaten-Trio. Philippot gehört zu denen, die sich für den Parteiausschluss des FN-Gründers und Holocaust-Leugners Jean-Marie Le Pen stark gemacht hatten. Der 34-Jährige vertritt den Kurs der „Entdämonisierung“, mit dem die Parteichefin Marine Le Pen für breite Wählerschichten wählbar gemacht werden soll. Vor einem Jahr hatte das Magazin „Closer“ die Homosexualität Philippots öffentlich gemacht. Anschließend bezeichnete Marine Le Pen das Outing als „unerträglich“. „Das Privatleben ist heilig“, erklärte damals die zweimal geschiedene Marine Le Pen.
Die Ironie im Aufstieg von Florian Philippot innerhalb des Front National besteht darin, dass er ein Vertreter jener Pariser Elite ist, gegen die Parteichefin Marine Le Pen permanent Stimmung macht. Zum Diskurs unter FN-Anhängern gehört die Klage, dass der Pariser Politzirkel in einer eigenen Welt agiere – abgekapselt von den Problemen im Rest des Landes. Zwar hat sich der Europaabgeordnete Philippot entschlossen, im Osten des Landes als Spitzenkandidat anzutreten. Dennoch ist er mit den Pariser Eliteschmieden École des hautes études commerciales de Paris (HEC) und École nationale d’administration (ENA) bestens vertraut – denn dort hat er studiert.

Viele Jungwähler gaben dem FN die Stimme

Wahlforscher richten derweil ein Augenmerk darauf, dass der Front National in der ersten Runde der Regionalwahl nicht zuletzt bei Jungwählern in Frankreich gut abschnitt. Landesweit hatte der FN 27,9 Prozent der Stimmen geholt. Nach einer Studie des Meinungsforschungsinstituts Harris Interactive lag der Anteil der Wähler der Le-Pen-Partei in der Altersgruppe der 18- bis 30-Jährigen noch höher – nämlich bei 34 Prozent.

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