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Der Patriot. Ramsan Kadyrow schart die Putin-treuen Tschetschenen um sich. Doch viele ehemalige Freischärler aus der Kaukasus-Republik kämpfen auch auf Seiten des IS.
© dpa

Umstrittener Tschetschenen-Chef: Fordert Ramsan Kadyrow Wladimir Putin heraus?

Putins politischer Ziehsohn Ramsan Kadyrow tönt, er habe den IS infiltriert. Es könnte alles nur ein Bluff sein - oder der Beginn einer Emanzipierung des eigenwilligen Kadyrow.

Beobachter wittern bereits den ganz großen Skandal. Es geht um den umstrittenen Tschetschenen-Chef Ramzan Kadyrow, dessen „Jungs“ angeblich in Syrien als Kundschafter an der unsichtbaren Front für Russland kämpfen.
Weit hinter der Frontlinie, so der Chef der nordkaukasischen Teilrepublik im russischen Staatsfernsehen, würden Angehörige tschetschenischer Spezialeinheiten Informationen zu Angriffszielen sammeln und diese an die russische Luftwaffe übermitteln. Er, Kadyrow, habe seinen Leute schon vor der Entstehung der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) den Marschbefehl nach Syrien erteilt. Sie sollten sich von militanten radikalislamischen Gruppen als Kämpfer anwerben lassen, aus deren Innenleben nach Hause berichten und versuchen, sie zu zersetzen. Es gebe Verluste, aber „die Jungs haben gewusst, worauf sie sich einlassen“, sagt Kadyrow in einer Dokumentation des russischen Staatsfernsehens. In voller Länge wird sie Mittwochabend ausgestrahlt und mit Spannung erwartet. Doch schon der Ausschnitt, der Sonntagabend lief, sorgte für Wirbel.
Kadyrow ist zwar aus Sicht kritischer Beobachter längst der einflussreichste Politiker Russlands nach dem Präsidenten, ausgestattet mit zahlreichen Sondervollmachten. Truppenentsendung ins Ausland aber ist das alleinige Prärogativ von Wladimir Putin und der hatte eine Bodenoperation mehrfach ausgeschlossen. „Putins Infanterist“ – Kadyrow über Kadyrow – hatte dagegen schon kurz nachdem die russische Luftwaffe am 30. September die ersten Angriffe flog, den Einsatz von Fußtruppen verlangt, am besten freiwillige Kämpfer.

1500 Tschetschenen sollen auf Seiten des IS kämpfen

Kadyrows Mission im Hinterland des IS mache keinen Sinn, seine Soldaten seien der Landessprache nicht mächtig und würden das Terrain nicht kennen, sagte der tschetschenische Politologe Ruslan Martagow beim russischen Dienst vom US-Auslandssender Radio Liberty. Kadyrow, glaubt er, bluffe und wolle mit seinen Auslassungen bei IS Misstrauen gegen Tschetschenen in ihren eigenen Reihen säen. Nach Erkenntnissen russischer Geheimdienste sind es mindestens 1500. Sie würden, so fürchtet auch Putin, in Syrien weiter radikalisiert und stellten nach der Rückkehr eine Bedrohung dar.
Beobachter in Moskau dagegen halten Kadyrows Behauptungen für glaubwürdig. Zersetzung des IS durch eingeschleuste Agenten bringe womöglich mehr als Luftschläge. Diese hätten den Frontverlauf am Boden bisher nur unwesentlich zugunsten der Regierungstruppen korrigiert.

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