Verschwundener Journalist: Fall Kaschoggi: Erdogan spricht von „übermalten Substanzen“
Nach der Durchsuchung des saudischen Konsulats in Istanbul spricht der türkische Präsident von ersten Hinweisen. Die Ermittlungen sollen ausgeweitet werden.
Nach der Durchsuchung des saudi-arabischen Konsulats in Istanbul zu Hinweisen auf den möglichen Mord am Journalisten und Regimekritiker Dschamal Kaschoggi hat Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan von ersten Hinweisen gesprochen. Man schaue sich mögliche Spuren „giftiger Substanzen“ genauer an, sagte er am Dienstag. Diese seien überstrichen worden. Er hoffe auf baldige Ergebnisse, die helfen können, „eine Meinung zu bilden“. Die Ermittler arbeiteten intensiv daran, herauszufinden, was genau im Konsulat passiert sei.
In der Nacht hatten türkische Ermittler zusammen mit saudi-arabischen Kollegen in einem neunstündigen Einsatz das Konsulat durchkämmt. Nach Medienberichten hatten sie unter anderem Proben aus dem Garten des Konsulats mitgenommen. Außerdem seien zwei Müllwagen der Gemeinde ins Konsulat gefahren - weshalb, blieb zunächst unklar. Die regierungsnahe Zeitung „Sabah“ berichtete, das Gelände sei zudem mit Hunden abgesucht worden.
Außenminister Mevlüt Cavusoglu sagte in einer Pressekonferenz, Konsulate sollten nicht als Orte für Verhöre dienen. Die türkischen Behörden gehen nach Medienberichten davon aus, dass Kaschoggi von einem aus Saudi-Arabien angereisten Spezialkommando verhört, gefoltert und getötet wurde, nachdem er das Konsulat am 2. Oktober betreten hatte, um Papiere für die Hochzeit mit seiner türkischen Verlobten im Konsulat in Istanbul abzuholen.
Im Lauf des Tages wird die türkische Polizei auch die Residenz des saudischen Konsuls in Istanbul durchsuchen. Wie der Staatssender TRT und der private Sender NTV am melden, sollen die Ermittler das Haus betreten dürfen. Außenminister Cavusoglu erwähnte auch die Durchsuchung seiner Fahrzeuge. Auch das Konsulat soll nach Medienberichten im Laufe des Tages erneut durchsucht werden.
Ermittler wollen Botschaft erneut durchsuchen
Zugleich berichteten der US-Fernsehsender CNN sowie die Zeitungen „New York Times“ und „Wall Street Journal“, dass Saudi-Arabien in Kürze eine Erklärung zum Schicksal Kaschoggis abgeben wolle. Demnach soll sein Verhör schiefgegangen sein. CNN berichtete unter Berufung auf nicht näher genannte Quellen, der Plan sei gewesen, den Saudi zu entführen, aber nicht zu töten.
US-Präsident Donald Trump sagte nach einem Telefongespräch mit dem saudi-arabischen König Salman, es habe danach geklungen, als ob es ein Einzeltäter, ein "rogue killer", gewesen sei. Das saudische Königshaus weist nach wie vor jede Beteiligung am Verschwinden von Kaschoggi von sich.
Das Versprechen zur Durchsuchung des Konsulats hatte die saudi-arabische Regierung nach türkischen Angaben schon vergangene Woche gegeben, zunächst aber nicht erfüllt. Am Montagabend dann hatte die Durchsuchung begonnen.
Kaschoggi, der als Kolumnist für die „Washington Post“ gearbeitet hatte, wollte am 2. Oktober Papiere für die Hochzeit mit seiner türkischen Verlobten im Konsulat abholen und ist seitdem verschwunden. Die türkischen Behörden gehen nach Medienberichten davon aus, dass er von einem aus Saudi-Arabien angereisten Sonderkommando getötet wurde. Es soll demnach Video- und Tonaufnahmen von dem Mord geben.
Derweil hat sich Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) sich in der Affäre für eine internationale Abstimmung stark gemacht. Auch mit den USA suche er engen Kontakt, sagte Maas nach einem Treffen mit seinem französischen Amtskollegen Jean-Yves Le Drian am Dienstag in Paris. Er habe in dem Fall am Montag mit seinem US-Kollegen Mike Pompeo telefoniert. „Wir wollen wissen, was da geschehen ist. Wenn wir das wissen, werden wir daraus unsere Schlüsse ziehen“, sagte Maas. Ähnlich äußerte sich Le Drian. (dpa, Reuters)