Abrupter Personalwechsel im Bundesinnenministerium: Faesers Pressesprecher gibt schon nach zwei Monaten auf
Steve Alter stand loyal zu Nancy Faeser. Doch die Ministerin agiert im Konflikt um einen Text für die linksradikale VVN-BdA auf eigene Faust.
Er galt als loyal und kompetent, doch jetzt gibt er auf. Steve Alter verabschiedet sich vom Posten des Sprechers des Bundesinnenministeriums, gerade mal zwei Monate nach dem Antritt seiner Chefin Nancy Faeser. Die Sozialdemokratin hatte, etwas überraschend, im Dezember den aus der Bundespolizei stammenden, parteilosen Alter gefragt, ob er Sprecher bleiben wolle.
Alter, bis dahin bekannt als die Stimme von Faesers Vorgänger Horst Seehofer (CSU), sagte zu. Doch jetzt ging es nicht mehr.
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Steve Alter äußert sich nicht zu den Gründen, doch sie sind offenkundig. Faeser agiert nicht gerade klug, seitdem sie wegen einer Geschichte aus ihrer Zeit vor dem Amtsantritt in Berlin unter Druck steht. Sie hatte 2021 einen Beitrag geschrieben für das Magazin "antifa" der radikal linken "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA)".
Die Gruppierung wird angesichts linksextremer Tendenzen vom Verfassungsschutz beobachtet. Ein willkommener Anlass für CDU und CSU, "Bild"-Zeitung, AfD und das radikal rechte Blatt "Junge Freiheit", sich auf Faeser einzuschießen. Auch wenn ihr Text für "antifa" nicht zu beanstanden ist. Faeser schilderte, wie sie vom rechtsextremen Drohbriefschreiber "NSU 2.0" belästigt wurde.
Faesers Tweet half wenig
Vergangenen Sonntag reagierte die Ministerin, offenbar auf eigene Faust, mit einem Tweet, der ihr wenig half. Faeser schrieb, "die von der ,Jungen Freiheit', der AfD und anschließend der Bild-Zeitung und CDU-Abgeordneten erhobenen Vorwürfe sind durchschaubar.
"Ich habe immer klare Kante gegen Rechtsextremismus und alle Feinde der offenen Gesellschaft gezeigt - und werde das auch weiterhin tun". Da war wenig Problembewusstsein zu spüren, obwohl selbst das Bundesamt für Verfassungsschutz, eine Behörde im Geschäftsbereich des BMI, die VVN-BdA unter die Lupe nimmt.
Faeser bekam für ihren Tweet viel Beifall von Linken, doch die Frage blieb offen, ob eine Bundesinnenministerin sich nicht unmissverständlich von einer zumindest latent extremistischen Gruppierung distanzieren sollte.
Interview war im BMI nicht durchsetzbar
Es ist zu bezweifeln, dass ein erfahrener Sprecher wie Steve Alter der Ministerin zum Tweet geraten hat. Faeser blieb jedenfalls stur. Am Mittwoch fragte der Tagesspiegel, ob in einem kurzen, schriftlichen Interview mit der Ministerin über den umstrittenen Beitrag für das Magazin "antifa" gesprochen werden könnte.
Es wäre für Faeser eine Gelegenheit gewesen, auf kritische Fragen zu ihrem Text und ihrem früheren Kontakt zur VVN-BdA inhaltlich zu antworten. Steve Alter befürwortete das Interview, doch er konnte sich im Haus nicht durchsetzen. Einen Tag später beschloss er, den Posten des Sprechers aufzugeben.
Damit endet eine kleine Ära im BMI. Steve Alter war im Herbst 2019 als Sprecher Seehofers angetreten. Der schwierige, bisweilen erratisch agierende Minister konnte sich darauf verlassen, von Alter diplomatisch präsentiert zu werden. Obwohl Seehofer es seinem Sprecher nicht einfach machte.
Der CSU-Politiker flirtete mit der "Bild"-Zeitung, andere Medien interessierten weniger. Alter musste zudem kaschieren, dass Seehofers Ansehen im BMI stets überschaubar blieb. Doch es gelang einigermaßen. Seehofer galt in der Öffentlichkeit wegen der vielen Verbote extremistischer Vereine als ein Minister, der gegen Neonazis und andere Fanatiker durchgreift.
Nachfolger von Alter wird ein früherer, erfahrener Sprecher des Bundesjustizministeriums, Maximilian Kall. Bei einem Anruf des Tagesspiegels am Freitag im Pressereferat des BMJ war bereits zu hören, Kall sei jetzt im Bundesinnenministerium. Mit Kall könnte die sozialdemokratische Färbung des BMI etwas zunehmen. Er war im BMJ Sprecher zu Zeiten von Christine Lambrecht, Katarina Barley und Heiko Maas. Alle sind prominente Mitglieder der SPD.