Seehofer löst Rocker-Gruppierung auf: Der „Verboteminister“ schlägt wieder zu
Das Verbot des Netzwerks der „Bandidos“ ist der achte Schlag von Horst Seehofer gegen staatsfeindliche Organisationen. Wem nützt der Rekord? Ein Kommentar
Lange wird er nicht mehr Bundesinnenminister sein. Die Amtszeit von Horst Seehofer neigt sich dem Ende zu, nach der Bundestagswahl scheidet der CSU-Politiker aus und verlässt den von ihm wenig geliebten politischen Betrieb in Berlin. Doch bevor er sich als Pensionär in die bayerische Heimat zurückzieht, will Seehofer noch Zeichen setzen. Das Verbot der kriminellen Rockerorganisation „Bandidos MC Federation West Central“ ist eine weitere Demonstration seiner Jagd auf Staatsfeinde. Die er bis zuletzt betreibt.
Seit Anfang 2020 hat der Minister achtmal Organisationen mit Verboten überzogen. Das ist Rekord. Kein Bundesinnenminister hat diesen Hammer so oft geschwungen wie Seehofer. Den Titel „Verboteminister“ hat er sich verdient. Aber was hat Seehofer erreicht?
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Die Bilanzen von Polizei und Verfassungsschutz lassen an einem großen Erfolg zweifeln. Die Kriminalität rechter und linker Extremisten hat 2020 Höchststände erreicht. In der Pandemie wuchs ein neues verfassungsfeindliches Milieu aus Coronaleugnern und Verschwörungsmythikern heran.
Dass Seehofer Neonazi-Gruppen wie Combat 18 auflöste, dass er der Terrororganisation Hisbollah ein Betätigungsverbot verpasste und jetzt ein Rocker-Netzwerk zerschlägt, scheint die Gefährdung der inneren Sicherheit kaum zu mindern. Oder?
Ein Verzicht auf Verbote nützt Extremisten und Kriminellen
Verbote sind kein Allheilmittel. Häufig suchen Mitglieder aufgelöster Vereine eine neue Heimat. Und doch ist Seehofers Strategie keineswegs unnötig. Ein Verzicht auf Vereinsverbote wäre ein gefährliches Signal an Feinde der Demokratie. Sie könnten ihre Aktivitäten professionalisieren, Strukturen verfestigen, mehr Geld sammeln, womöglich auch Waffen, und zunehmend Gegner einschüchtern.
Die Eskalation kann durch ein Verbot gestoppt oder gebremst werden. Extremisten und Kriminelle werden zurückgeworfen, einige steigen vielleicht aus. Das sind Erfolge. Ob sie nachhaltig sind, hängt nicht nur vom Staat ab.
Ein Verbot muss eingebettet sein in Deradikalisierung, in Prävention und zivilgesellschaftliches Engagement. Da ließe sich fragen, ob Seehofer genug geworben hat. Aber auch, in welchem Maße die Zivilgesellschaft bereit war, den Minister zu unterstützen. Es gab Missverständnisse, Seehofer ist nicht unschuldig. Aber seine Nachfolgerin oder sein Nachfolger sollte beim Druck auf Extremisten und Kriminelle nicht nachlassen.