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Bockig. Bundesinnenministerin Faeser sagt nicht, ob es ein Fehler war, einen Beitrag für eine radikal linke Zeitschrift zu schreiben
© imago images/Frank Ossenbrink

Kritik an Bundesinnenministerin: Faeser muss sich klar von Linksradikalen abgrenzen

Nancy Faeser hat 2021 einen Beitrag für das Blatt einer vom Verfassungsschutz beobachteten Gruppierung geschrieben. Das war ein Fehler. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Frank Jansen

Das hätte nicht sein müssen. Nancy Faeser ist erst seit zwei Monaten Bundesinnenministerin und steht schon in der Kritik. Die Sozialdemokratin hatte im vergangenen Jahr, damals war sie Vorsitzende der SPD-Fraktion im hessischen Landtag, einen Beitrag für das Magazin „antifa“ der radikal linken „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA)“ geschrieben.

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Der Text an sich ist nicht zu beanstanden. Faeser ging auf die selbst erlebten Angriffe des rechtsextremen Drohbriefschreibers „NSU 2.0“ ein, der bundesweit Nazigegner belästigt hatte.

Doch die VVN-BdA wird von mehreren Verfassungsschutzbehörden wegen linksextremistischer Tendenzen beobachtet, der bayerische Verfassungsschutz nennt die Gruppierung sogar im Jahresbericht 2020 und bezeichnet sie als „bundesweit größte linksextremistisch beeinflusste Organisation im Bereich des Antifaschismus“.

Faeser wusste wohl auch, dass der hessische Verfassungsschutz die VVN-BdA beobachtet. Es war zumindest ungeschickt von Faeser, mit ihrem Beitrag eine zweifelhafte Gruppierung aufzuwerten. Doch es ging noch weiter.

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Als jetzt CDU, CSU, „Bild“-Zeitung, AfD und das radikal rechte Blatt „Junge Freiheit“ die Geschichte aufschäumten, reagierte Faeser wieder eher unklug. Mit einem trotzigen Tweet verkündete sie vergangenen Sonntag, die Angriffe seien „durchschaubar“.

Faeser betonte, sie habe immer „klare Kante gegen Rechtsextremismus und alle Feinde der offenen Gesellschaft gezeigt“ und werde das auch weiterhin tun. Dafür gab es viel Beifall von Linken.

Faeser erkannte offenbar nicht, dass gerade sie als Bundesinnenministerin an der Abgrenzung gegenüber Extremisten nicht den geringsten Zweifel aufkommen lassen darf. Zumal eine Behörde ihres Hauses, das Bundesamt für Verfassungsschutz, die VVN-BdA ebenfalls im Visier hat.

Berliner Bündnis mit Jusos, Autonomen und DKP

Faesers Bockigkeit ist allerdings kein Einzelfall. Immer wieder mal leisten sich Sozialdemokraten wie auch andere demokratische Linke eine offene Flanke zum Linksextremismus.

Ein markantes Beispiel: dem „Berliner Bündnis gegen Rechts“, seit Jahren eine Institution für den Protest gegen Aufmärsche von Neonazis, gehören neben den Jusos Berlin, der Grünen Jugend Berlin und der AG Rechtsextremismus der Gewerkschaft Verdi auch lupenreine Linksradikale wie die altkommunistische DKP, die gewaltorientierte „Interventionistische Linke“ und die ebenfalls handfeste Autonome Antifa an. Die VVN-BdA ist selbstverständlich auch im Bündnis.

Natürlich ist und bleibt Engagement gegen Rechts und für die Demokratie bitter nötig. Doch die Glaubwürdigkeit leidet, wenn die Grenzen zu Antidemokraten aufgeweicht werden. Faeser als prominente Sozialdemokratin sollte das klarer formulieren, als sie es bislang getan hat.

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