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Langwierige Verfahren. Zahlreiche Flüchtlinge sitzen auf den griechischen Inseln - wie hier auf Lesbos - fest.
© imago/ZUMA Press

EU-Pakt mit der Türkei: Experte fordert schnellere Asylverfahren in Griechenland

Der Experte Gerald Knaus regt die Einrichtung von zehn zusätzlichen Berufungsgerichten auf den griechischen Inseln an, um die schleppenden Asylverfahren zu beschleunigen.

Fast zwei Jahre ist es her, dass die Europäische Union ihre Flüchtlingsvereinbarung mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan schloss. Die Vereinbarung, die am 18. März 2016 zustande kam, steht allerdings auf einem wackligen Fundament. Zwar hat der Pakt dazu geführt, dass die Zahlen der illegalen Migranten, die vom türkischen Festland die griechischen Inseln erreichen, massiv gesunken sind. Allerdings: Wer Griechenland erreicht, wird in den meisten Fällen nicht wieder in die Türkei zurückgebracht.

Das Flüchtlingsabkommen sieht vor, dass Migranten, die mit Hilfe von Schleppern auf die griechischen Inseln gelangen, wieder zurück in die Türkei gebracht werden. Wie die ehemalige Leiterin der griechischen Asylbehörde, Maria Stavropoulou, der griechischen Zeitung „Kathimerini“ sagte, können jedoch lediglich 16 Prozent der Asylbewerber von Griechenland in die Türkei zurückgeführt werden. Nach ihren Worten sind die meisten Flüchtlinge, die inzwischen auf den griechischen Inseln ankommen, Syrer, Iraker und Afghanen. Die müssen häufig nicht mit einer Abschiebung rechnen, weil sie in vielen Fällen in Griechenland Asyl erhalten.

Experte Knaus: Deutschland und andere Staaten müssen Pakt vor dem Scheitern bewahren

Aufgrund dieser Lage ist es nach der Einschätzung des Vorsitzenden der Europäischen Stabilitätsinitiative (ESI), Gerald Knaus, „nur noch eine Frage der Zeit, bis es den Schmugglern und den ausreisewilligen Migranten klar wird, dass es sich auszahlt, wieder in die Boote zu steigen“. Knaus gilt als „Vordenker“ der EU-Vereinbarung mit der Türkei. Es werde viel zu wenig in Griechenland, aber auch bei EU-Partnern wie Deutschland unternommen, um das Abkommen vor einem möglichen Scheitern zu bewahren, sagte er dem Tagesspiegel.

Nach den Angaben der Europäischen Stabilitätsinitiative kamen in der Zeit zwischen dem Abschluss des EU-Türkei-Abkommens und dem Ende des vergangenen Jahres 56.311 Flüchtlinge auf den griechischen Inseln an. Knaus hält diese Größenordnung für „noch beherrschbar“. Allerdings bezeichnete er es als eine Illusion, dass die Balkanroute komplett geschlossen sei. Zudem gelten laut Medienberichten die griechischen Häfen Patras und Igoumenitsa als Drehscheiben auf der Schlepperroute nach Italien.

Lage auf den Inseln bleibt kritisch

Vor allem in den überfüllten Lagern auf Chios, Lesbos und Samos bleibt die Lage kritisch, auch wenn die griechische Regierung Ende vergangenen Jahres Tausende Migranten aufs Festland verlegt hat. Die Angaben zu den jüngst auf den Inseln angekommenen Flüchtlingen sind widersprüchlich. Der griechische Migrationsminister Yiannis Mouzalas erklärte in der vergangenen Woche, dass inzwischen bis zu 180 Flüchtlinge pro Tag die Inseln erreichen – doppelt so viele wie noch im Sommer 2017. Dagegen veröffentlichte die EU-Grenzschutzagentur Frontex in dieser Woche Zahlen, denen zufolge im Januar nur noch 1850 Menschen über die Route im östlichen Mittelmeer die Europäische Union erreichten – 43 Prozent weniger als im Vormonat.

Um eine Rückführung der Flüchtlinge in die Türkei zu gewährleisten, schlägt der Experte Knaus derweil ein Bündel von Maßnahmen vor. Zum einen müsse Griechenland mit mehreren EU-Partnern einen Plan entwickeln, mit dessen Hilfe die Asylentscheidungen in Griechenland beschleunigt werden könnten. Als mögliche Partnerländer nannte Knaus Deutschland, Schweden, die Beneluxstaaten und Italien. Die Staatengemeinschaft müsse zehn zusätzliche Berufungsgerichte auf den Inseln einrichten, forderte Knaus. Als Zielgröße für die Dauer eines Asylverfahrens nannte er zwei Monate.

Genauso wichtig wie eine Beschleunigung der Asylverfahren dürfte der zweite Punkt sein, den Knaus verlangt: Die Türkei müsse sicherstellen, dass zurückgenommene abgelehnte Asylbewerber nicht in ihre Herkunftsländer abgeschoben werden. Nach den Angaben der bisherigen Leiterin der griechischen Asylbehörde, Stavropoulou, sei entschieden worden, 2200 Syrer wieder in die Türkei zu schicken, weil das Land am Bosporus für sie als sicheres Drittland gelte. In zahlreichen anderen Fällen kommt es jedoch nicht zur Abschiebung aus Griechenland, weil der Status der Flüchtlinge in der Türkei nicht gesichert ist. Knaus’ Vorschlag: Ein international anerkannter Ombudsmann soll künftig in der Türkei darüber wachen, dass Ankara grundsätzlich keine Flüchtlinge aus Griechenland weiter in ihre Herkunftsstaaten schickt.

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