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Der Bundesregierung geht es nicht allein um die Rettung der Lufthansa. 
© imago images/Ralph Peters

Was der Bund mit dem Lufthansa-Einstieg bezweckt: Europa will eigene Firmen auf dem Weltmarkt stärken

Bei den Staatshilfen für die Lufthansa geht es auch darum, europäische Firmen vor Konkurrenz aus China und den USA zu schützen. Was ist das Ziel der Regierung? 

Peter Altmaier kann, wenn er will, auf sehr freundliche Art nichts sagen. Aber als der Wirtschaftsminister vor vier Wochen über die sich anbahnende Lufthansa-Rettung sprach, war er in einem Punkt glasklar: „Wir haben einen Rettungsschirm aufgespannt, weil wir wollen, dass große bedeutende Unternehmen, die auf dem Weltmarkt und in Deutschland eine Rolle spielen, auch nach der Krise weiterhin wettbewerbsfähig sind.“ 

Das klingt so logisch, dass dem CDU-Mann in dieser Allgemeinheit niemand widerspricht. Aber wer Altmaier und seiner Chefin, Kanzlerin Angela Merkel, in diesen Tagen zuhört, kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sich in die Soforthilfe ein zweites Motiv mischt, das beide auf ihre Weise schon länger verfolgen: Die Coronakrise liefert ihnen einen weiteren Anstoß zu einer Strategie der Selbstbehauptung Deutschlands und Europas in der Welt.

Altmaiers Stichworte – große Unternehmen, Weltmarkt, wettbewerbsfähig – finden sich schon in der „Industriestrategie 2030“, die der Minister Ende 2019 vorlegte. Damals zog das Projekt viel Kritik aus den eigenen Reihen auf sich; die Einwände kamen von Mittelständlern, die eine Vorzugsbehandlung großer Player befürchteten, und von Prinzipienhütern, denen Staatshandeln generell gegen den ordnungspolitischen Strich geht. 

Die Krise deckt Schwächen auf

Aber selbst Prinzipientreuen schwant langsam, dass sich das alte Europa zu lange um sich selbst gedreht hat. Längst gilt es als Fehler, dass das EU-Wettbewerbsrecht die Fusion der deutschen Siemens mit der französischen Alstom zum Eisenbahngiganten verhinderte. 

Und die Coronakrise deckt die Schwächen noch unbarmherziger auf. Global Player made in USA wie Amazon, Microsoft oder Cisco liefern in der Pandemie Waren und digitale Dienstleistungen. China macht sich Freunde mit Flugzeugen voller Masken und kauft sich günstig in Krisenfirmen ein.

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Europa-Strategie 2030

Merkel als fleißigste Peking-Reisende unter den EU-Staats- und Regierungschefs sieht in diesem China schon lange nicht mehr nur die Billig-Werkbank, sondern den Wirtschafts- und Systemkonkurrenten. Ihr ist auch klar, dass Donald Trumps „America First“ nur die Karikatur einer verbreiteten Haltung ist, die diesen Präsidenten überleben wird.

Das Krisenpaket, das die Kanzlerin gemeinsam mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron vorantreiben will, reicht denn auch weit über die umstrittene 500-Milliarden-Euro-Spritze für Krisenstaaten hinaus.

Im Kern zielt es auf eine Industriestrategie 2030 im Europa-Format: eigene Firmen auf dem Weltmarkt stärken, „strategische Projekte“ für eine digitale Aufholjagd fördern, kurz: Die EU müsse sich um die Entwicklung eigener „globaler Champions“ kümmern. Der Ruf nach mehr Autonomie im Medizin-Sektor wird da fast zum Randaspekt. 

Und der Einstieg bei der Lufthansa fügt sich ins Bild: Besser der deutsche Staat kauft sich ein als, wie zuletzt beim Billigflieger Norwegian Air, um drei Ecken der chinesische. 

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