Venezuela: EU-Parlament erkennt Guaidó als Interimspräsidenten an
Die Volksvertreter in Brüssel schlagen sich auf die Seite des Oppositionsführers in Venezuela. Der EU-Ministerrat setzt hingegen auf Verhandlungen.
Anders als das Europaparlament erkennt der EU-Ministerrat in der Venezuela-Krise den selbsternannten Übergangspräsidenten Juan Guaidó nicht an, sondern setzt auf Verhandlungen. Die EU-Außenminister beschlossen am Donnerstag in Bukarest, über eine Kontaktgruppe mit lateinamerikanischen Staaten 90 Tage nach Lösungen zu suchen, wie die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini sagte.
Die Anerkennung sei dagegen "Vorrecht" der Mitgliedstaaten und nicht der EU, fügte Mogherini hinzu. Sie äußerte die Erwartung, dass demnächst einzelne EU-Staaten Guaidó anerkennen würden.
Die Kontaktgruppe solle kommende Woche erstmals zusammenkommen und unter Führung der EU versuchen, einen Weg für ein friedliches und demokratisches" Ende der Krise in Venezuela auszuloten". Ziel sei ein "glaubwürdiger Prozess", bei dem "die Venezolaner ihre Zukunft über die Abhaltung von Neuwahlen bestimmen". Nach 90 Tagen würden mögliche Fortschritte bewertet. Gebe es keine, werde die Kontaktgruppe aufgelöst.
Das Europaparlament war zuvor in der Diskussion um den Umgang mit der Lage in Venezuela vorangeprescht. Die Abgeordneten beschlossen am Donnerstag in Brüssel mit großer Mehrheit, Oppositionsführer Juan Guaidó als rechtmäßigen Interimspräsidenten des südamerikanischen Landes anzuerkennen. Gleichzeitig forderten sie die Regierungen der EU-Staaten auf, dieser Entscheidung zu folgen.
Als Grund für die klare Positionierung wurden in der verabschiedeten Erklärung die jüngsten Äußerungen des amtierenden Präsidenten Nicolás Maduro genannt. Dieser hatte die EU-Forderung nach einer umgehenden fairen Neuwahl des Präsidenten in dem Land öffentlich abgelehnt. Seit Tagen wird der Machtkampf in Venezuela von Massenprotesten begleitet. Guaidó warb jüngst um die Unterstützung der Armee.
Der britische Außenminister Jeremy Hunt forderte am Donnerstag gezielte Sanktionen gegen einzelne Mitglieder von Maduros Regierung. Das sagte Hunt in einem BBC-Interview vor einem informellen Treffen mit EU-Amtskollegen in der rumänischen Hauptstadt Bukarest.
Sanktionen gegen das ganze Land kämen nicht in Betracht, weil die humanitäre Lage dort angespannt sei und die Situation nicht noch verschlimmert werden solle, sagte Hunt. „Aber gezielte Sanktionen gegen die Kleptokraten, die sich bereichert haben auf Kosten der restlichen, sehr armen Bevölkerung, das ist etwas, was effektiv sein könnte, denke ich.“
Guaidó bittet Europa, Druck auf Maduro auszuüben
Das britische Außenministerium teilte zudem mit, Venezuelas selbst ernannter Interimspräsident habe in einem Telefongespräch mit Hunt am Mittwoch um Druck aus Europa auf die Maduro-Regierung gebeten. Guaidó fordere die EU zudem auf, ihn kollektiv als Interimspräsidenten des Landes anzuerkennen.
Mehrere europäische Staaten wie Deutschland, Frankreich und Spanien hatten Maduro am vergangenen Wochenende ein Ultimatum gestellt. Die Drohung lautete: Ruft Maduro bis zu diesem Sonntag keine freien und fairen Wahlen aus, wollen sie Guaidó, der sich selbst zum Interimsstaatschef erklärt hat, als Übergangspräsidenten anerkennen.
Ziel war es eigentlich, diese Entscheidung im Namen der EU zu treffen. Länder wie Griechenland weigerten sich aber bis zuletzt mitzuziehen. Dass das Europaparlament Guaidó anerkennt, hat vor allem symbolische Bedeutung, weil es in außenpolitischen Fragen der EU kein Mitbestimmungsrecht hat. (dpa, AFP)