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Manche Ideen von Premierministerin Theresa May sind bereits durchgesickert. Die EU lehnt diese Vorschläge ab.
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Update

Brexit: EU lehnt Vorschläge Großbritanniens ab

Am Freitag will Theresa May ihre Ideen zum künftigen Verhältnis zur EU erläutern. Einiges stößt in der EU auf schroffe Ablehnung. Schottland und Wales wollen Londons Kompetenzen nach dem Brexit begrenzen.

Von der Europäischen Union kommt breite Ablehnung gegen Ideen der britischen Regierung zu den Handelsbeziehungen beider Seiten nach dem Brexit. Sowohl Chefunterhändler Michel Barnier als auch der Brexit-Beauftragte des Europaparlaments, Guy Verhofstadt, nannten die Vorschläge am Dienstag illusorisch.

Sie bezogen sich auf bisher nur ansatzweise bekannte Vorschläge, nach dem für 2019 geplanten EU-Austritt nur bei einigen Wirtschaftszweigen die EU-Regeln beizubehalten und so Handelsschranken zu vermeiden, bei anderen jedoch nicht. Premierministerin Theresa May will ihre Ideen am Freitag erläutern. Die Bundesregierung hofft, dass dann endlich klarer wird, wie die künftigen Beziehungen aussehen könnten. Die britische Regierung müsse endlich die Karten auf den Tisch legen, sagte Europastaatsminister Michael Roth.

Die Regierung in London besteht darauf, sowohl den EU-Binnenmarkt als auch die Zollunion verlassen zu wollen. Der britische Handelsminister Liam Fox verteidigte in einer Rede am Dienstag diesen Ansatz. Der Austritt aus der Zollunion ist notwendig, um eigenständige Handelsverträge mit aufstrebenden Wirtschaftsmächten wie China abzuschließen, so das Kalkül. Eine Strategie, die der ehemalige britische Handelsstaatssekretär Martin Donnelly damit verglich, „ein Drei-Gänge-Menü wegen der Aussicht auf eine Tüte Chips auszuschlagen“.

Große Differenzen

Der Regierung von Premierministerin May droht in Sachen Zollunion noch Ärger: Erst am Montag hatte Labour-Chef Jeremy Corbyn angedeutet, eine Rebellion EU-freundlicher Tory-Abgeordneter zu unterstützen, die eine neue Zollunion mit der EU per Gesetz erzwingen wollen. May droht angesichts der knappen Mehrheitsverhältnisse bei einer entsprechenden Abstimmung im Parlament nun eine Niederlage.

Die EU und Großbritannien hatten im Dezember erste Trennungsfragen vorläufig geklärt, darunter die künftigen Rechte von Millionen EU-Bürgern in Großbritannien, die Schlusszahlung von London an Brüssel und die Vermeidung einer neuen Grenze zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem britischen Nordirland. Die EU hat dazu einen Vertragstext formuliert, den Barnier am Mittwoch vorstellen will. „Der Vorschlag enthält keine Überraschungen“, sagte Barnier.

Doch löst der Entwurf offenbar auch bei weitem nicht alle Fragen. Es blieben „wichtige Streitpunkte“, sagte Barnier. Er bezog dies nicht nur auf einige Trennungsfragen, die im Dezember ungeklärt blieben, sondern auch auf die anvisierte Übergangsphase von etwa zwei Jahren nach dem Brexit. Die EU will, dass Großbritannien in der Zeit alle EU-Regeln einhält und weiter Beiträge zahlt, aber keine Mitsprache in EU-Gremien mehr hat.

Am größten sind die Differenzen bei den langfristigen Beziehungen nach der Übergangsphase. May will „eine tiefe und besondere Partnerschaft“ mit möglichst wenig Handelsschranken. Allerdings will sie weder die Bedingungen des EU-Binnenmarkts erfüllen, noch eine Zollunion eingehen. Stattdessen kursiert die Idee verschiedener „Körbe“: Bei bestimmten Branchen will sich Großbritannien demnach an EU-Regeln halten, bei anderen aber davon abweichen.

Die EU-Seite lehnt dies als „Rosinenpickerei“ ab. „Für uns, für die Union, ist das ein inakzeptabler Weg“, sagte Verhofstadt bei einer Anhörung im Europaparlament. „Das ist absolut nicht möglich.“ Am Freitag hatte schon EU-Ratspräsident Donald Tusk von einer „puren Illusion“ gesprochen. Dem schloss sich Barnier auf Nachfrage an.

Schottland und Wales wollen Londons Kompetenzen begrenzen

Schottland und Wales wollen sich mit Gesetzen vor dem Einfluss der britischen Regierung nach dem Brexit schützen. Kompetenzen, die bislang in Brüssel angesiedelt sind, sollen nach dem Brexit an Edinburgh und Cardiff übertragen werden und nicht an London, wie die Regierungen von Schottland und Wales am Dienstag bekanntgaben. Die Regionen wollen sich vor allem in den Bereichen Fischerei und Landwirtschaft absichern.

Der für den Brexit zuständige schottische Minister Mike Russell verteidigte das "Gesetz für Kontinuität" am Dienstag vor dem Parlament in Edinburgh. "Wir haben die Pflicht, die Bereiche des Gemeinschaftsrechts zu schützen und zu erhalten, die in den Kompetenzbereich dieses Parlaments fallen", sagte er. In Wales sagte seinerseits Premierminister Carwyn Jones, seine Regierung wolle die Kompetenzen seiner Region schützen. (dpa/AFP)

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