Streit um Italiens Schulden: EU-Kommission empfiehlt Defizitverfahren
Italiens Regierung habe 2018 nicht genug getan, um die Schulden zu senken, so die EU-Kommission. Die rechte Lega will dennoch am Schuldenkurs festhalten.
Die EU-Kommission empfiehlt wegen der hohen Staatsverschuldung Italiens ein Strafverfahren gegen das Land. Wie mehrere Nachrichtenagenturen berichten, kommt die Brüsseler Behörde zu dem Schluss, dass Italiens Regierung 2018 keine ausreichenden Gegenmaßnahmen getroffen habe. Nun müssen sich die EU-Staaten mit der Sache befassen. Am Ende könnten Strafen in Milliardenhöhe stehen.
Italiens Schuldenquote - das ist das Verhältnis der Staatsverschuldung zur Wirtschaftskraft - betrug 2018 mehr als 132 Prozent. Das ist die zweithöchste in der EU - nach Griechenland - und eine der höchsten in der Welt. Die Schuldenlast beträgt etwa 2,3 Billionen Euro.
Nach den sogenannten Maastricht-Kriterien sind in Europa eine jährliche Neuverschuldung von maximal drei Prozent und eine Gesamtverschuldung von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erlaubt. Verstößt ein Staat dagegen, muss er langfristige Gegenmaßnahmen treffen, um die Verschuldung zu senken.
Die Regierung aus populistischer Fünf-Sterne-Bewegung und rechter Lega ist mit teuren Wahlversprechen wie der Einführung eines Grundeinkommens und der Absenkung des Renteneintrittsalters unterwegs. Die EU-Staaten haben nun zwei Wochen Zeit, um die Einschätzung der EU-Kommission zu prüfen. Stimmen sie überein, kann die Brüsseler Behörde das offizielle Strafverfahren einleiten. Damit wären dann konkrete Vorgaben und Auflagen für Italien verbunden, die Schulden zu senken. Ignoriert die Regierung diese weiterhin, können Geldstrafen folgen.
Noch am Mittwoch werde an die italienische Regierung ein Brief verschickt, berichtete die Zeitung "La Repubblica". Darin heißt es, dass die fehlende Haushaltsdisziplin zu einem drastischen Vertrauensverlust an den Finanzmärkten führen könnte, wie das Blatt unter Berufung auf einen Entwurf des Schreibens zitiert.
Die rechte Lega kündigte bereits an, bei den anstehenden Haushaltsgesprächen mit der EU-Kommission hart bleiben zu wollen. "Unsere Wirtschaft stagniert bereits, wenn wir Ausgaben senken oder Steuern erhöhen, dann werden wir definitiv eine Rezession bekommen", sagte der Chef des Haushaltsausschusses im Abgeordnetenhaus, Claudio Borghi von der Regierungspartei Lega, der Nachrichtenagentur Reuters. "Ist es das, was die Kommission will?"
Dem hoch verschuldeten Italien droht ein Defizitverfahren der EU, da es die Schuldengrenzen gebrochen hat. Lega-Chef und Vize-Ministerpräsident Matteo Salvini hatte drastische Steuersenkungen versprochen und die Forderungen der EU nach Haushaltsdisziplin in den Wind geschlagen. Der parteilose Ministerpräsident Giuseppe Conte pocht dagegen darauf, dass Italien die Schuldenregeln der Europäischen Union einhalten sollte.
EU-Kommission fordert Budgetkürzungen von drei bis vier Milliarden Euro
Der Streit hatte über die italienischen Grenzen hinaus Sorgen um die Finanzstabilität ausgelöst. Demnach fordert die EU-Kommission von der Regierung in Rom Budgetkürzungen von drei bis vier Milliarden Euro, um EU-Sanktionen zu vermeiden.
Nach wochenlangen Streitigkeiten und der Rücktrittsdrohung des parteilosen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte hatten sich die Koalitionspartner 5-Sterne und Lega zuletzt wieder aufeinander zu bewegt. Am Dienstag erörterten der Chef der 5-Sterne-Bewegung, Luigi Di Maio, und der Vorsitzende der rechten Lega, Matteo Salvini, die Möglichkeit einer Verletzung der EU-Defizit-Regel, wie die Zeitung "Corriere della Sera" berichtete. Ein erneutes Telefonat der beiden sei für Mittwochabend oder Donnerstag geplant.
Die Italiener zahlen bereits jetzt deutlich mehr Zinsen auf ihre Staatsanleihen als fast alle anderen europäischen Staaten. Allerdings ist dieser Spread in den letzten Monaten zurückgegangen. Steigt er jetzt spürbar an, dann dürfte auch innerhalb Italiens der Druck auf die Regierung größer werden.
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Ändert Rom sein Vorgehen nicht, könnte Brüssel am Ende hohe Bußgelder verhängen. Sie können sich auf bis zu 0,2 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung belaufen. Diese lag 2018 bei 1,75 Billionen Euro. Die Geldstrafe könnte damit bis zu 3,5 Milliarden Euro betragen. Möglich wäre auch, dass Italien Gelder aus den milliardenschweren EU-Strukturfonds gekürzt werden.
Bisher hat die EU noch nie eine Geldbuße verhängt
Der Weg bis zu Strafen ist jedoch lang. Nach einer Empfehlung der EU-Kommission müssen Europas Finanzminister mehrheitlich für die Verfahrenseröffnung grünes Licht geben. Dieses kann sich dann über mehrere Jahre hinziehen. Bei jedem wichtigen Verfahrensschritt ist erneut die Zustimmung der Mehrheit der Mitgliedstaaten nötig.
Bisher hat die EU noch nie eine Geldbuße verhängt. 2016 wurde gegen Spanien und Portugal wegen jahrelanger Defizitverstöße erstmals überhaupt ein Bußgeldverfahren in Gang gesetzt. Kommission und EU-Finanzminister sahen dann aber von Geldstrafen ab. Begründet wurde dies mit der schwierigen wirtschaftlichen und sozialen Lage. Die Bundesregierung hatte zunächst noch auf eine Kürzung von Strukturhilfen gepocht, gab aber schließlich nach. (Reuters, AFP, dpa)
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