Regierungskrise in Italien: Regierungschef Conte droht wegen Koalitionsstreits mit Rücktritt
Die Koalitionsparteien Lega und Fünf-Sterne-Bewegung sollen Streitigkeiten nach Europawahl beilegen. Sonst will Conte sein Amt aufgeben.
Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte hat am Montag mit Rücktritt gedroht, sollten die Koalitionsparteien Lega und Fünf-Sterne-Bewegung ihre Streitigkeiten infolge der Europawahl nicht beilegen. "Ich fordere beide politischen Kräfte dazu auf, eine Entscheidung zu fällen und mir zu sagen, ob sie die Absicht haben, die Pflichten der Regierung weiter zu erfüllen", sagte Conte vor Journalisten. Falls nicht, "werde ich einfach mein Mandat niederlegen".
Bei der Europawahl war die rechtspopulistische Lega von Innenminister Matteo Salvini zur stärksten politischen Kraft in Italien geworden. Die Fünf-Sterne-Bewegung von Wirtschaftsminister Luigi Di Maio hingegen stürzte von mehr als 32 Prozent bei der Parlamentswahl auf 17 Prozent ab. Salvini forderte deshalb einen größeren Einfluss auf die Regierungspolitik und kündigte an, er wolle künftig die Prioritäten setzen.
Di Maio wies Salvinis Forderung zurück. Für ihn habe sich durch die neuen Machtverhältnisse nichts geändert.
In Italiens populistischer Regierung gibt es einige Konfliktpunkte. Dazu gehört etwa der seit Langem beschlossene Bau einer Hochgeschwindigkeitseisenbahntrasse zwischen dem norditalienischen Turin und der französischen Stadt Lyon. Auch die Entlassung eines Lega-Staatssekretärs wegen Korruptionsvorwürfen sorgte für Spannungen. Auch bei den Themen Einwanderung und Migration gibt es unterschiedliche Auffassungen. Regierungschef Conte gehört keiner der beiden Parteien an.
EU entscheidet über Strafe wegen Staatsverschuldung
Contes Rücktrittsdrohung kommt zu einem kritischen Zeitpunkt: Am Mittwoch steht eine wichtige Entscheidung der EU-Kommission wegen der hohen Staatsverschuldung Italiens an.
Es hänge nicht von ihm alleine ab, ob es mit der Regierung weitergehe, sagte Conte. „Wenn nicht klar Verantwortung übernommen wird, wie von mir gefordert (...), gebe ich das Mandat zurück in die Hände des Staatspräsidenten“, betonte er. Er wolle eine klare, unmissverständliche und schnelle Antwort der Koalitionspartner - das Land könne nicht warten.
Direkt im Anschluss an die Pressekonferenz schrieb Salvini auf Facebook: „Wir sind bereit, wir wollen weitermachen und wir haben keine Zeit zu verlieren, die Lega ist dabei.“ Allerdings listete er eine Reihe von Forderungen auf, darunter mehr Befugnisse für Regionen im Norden, die den Sternen nicht schmecken dürften.
Am Mittwoch entscheidet die EU-Kommission darüber, ob sie wegen der ausufernden Staatsverschuldung ein Strafverfahren gegen Italien auf den Weg bringt. Ein solches Verfahren würde Italien „sehr wehtun“, sagte Conte und forderte die politischen Kräfte auf, die Verhandlungen mit Brüssel nicht zur Grundlage neuer Provokationen zu machen. Im Namen der Italiener mahnte er „maximale Konzentration“ an. (AFP, dpa)