Besetzte Gebiete: EU beschließt Kennzeichnung für Waren aus israelischen Siedlungen
In der EU soll künftig die Herkunftsbezeichnung für Produkte aus dem Westjordanland und Ost-Jerusalem sowie von den Golanhöhen eingeführt werden. In Israel spricht man von Diskriminierung.
Die EU-Kommission hat am Mittwoch eine Kennzeichnung von Produkten aus israelischen Siedlungen in besetzten Gebieten beschlossen. Damit soll künftig in allen 28 Mitgliedstaaten die korrekte Herkunftsbezeichnung für Erzeugnisse aus dem Westjordanland und Ost-Jerusalem sowie von den Golanhöhen eingeführt werden, wie aus einer Erklärung der Kommission in Brüssel hervorgeht. Die bei einer Kommissionssitzung erlassenen Richtlinien gehen auf eine Entscheidung der EU-Außenminister aus dem Jahr 2012 zurück. Israel hatte zuvor gegen den Beschluss der EU protestiert.
Verbraucher in europäischen Ländern können anhand der Kennzeichnung künftig entscheiden, ob sie Obst, Gemüse und Kosmetika aus jüdischen Siedlungen in den besetzten palästinensischen Gebieten kaufen wollen. Für andere Produkte bleibt die Kennzeichnung freiwillig.
In der Kommission wurde betont, dass mit der am Mittwoch getroffenen Entscheidung nur bestehendes Recht umgesetzt werde. In Israel waren schon die Vorbereitungen heftig kritisiert worden. Der frühere Außenminister Avigdor Lieberman sagte beispielsweise, die geplante Vorschrift erinnere ihn an den gelben Stern, den Juden zur Zwangskennzeichnung im deutschen Nationalsozialismus tragen mussten.
Israel fühlt sich diskriminiert
Israels Regierung hat die EU-Entscheidung für eine Kennzeichnungspflicht scharf kritisiert. Der EU-Botschafter sei einberufen worden, teilte ein Sprecher des Außenministeriums am Mittwoch in Jerusalem mit. "Wir bedauern, dass die Europäische Union aus politischen Beweggründen so einen extremen und diskriminierenden Schritt unternimmt, der einem Boykott ähnelt", sagte der Sprecher. "Und dies ausgerechnet zu einer Zeit, in der Israel einer Terrorwelle ausgesetzt ist, die gegen alle seine Bürger gerichtet ist." Laut der Entscheidung der EU-Kommission können Verbraucher künftig durch die Kennzeichnungspflicht entscheiden, ob sie Obst, Gemüse und Kosmetika aus jüdischen Siedlungen in den besetzten palästinensischen Gebieten kaufen wollen. Das israelische Außenministerium sprach von einem „merkwürdigen und empörenden Schritt“, der eine Doppelmoral der Europäischen Union aufdecke: „Warum beschließt die Europäische Union diese Maßnahme ausgerechnet gegen Israel, während sie 200 andere territoriale Konflikte auf der Welt ignoriert?“
Netanjahu: "EU sollt sich schämen"
Die Kennzeichnung von Siedlerprodukten werde dem Friedensprozess zwischen Israel und den Palästinensern nicht dienen, meinte der Ministeriumssprecher. Im Gegenteil, sie könne „die Verweigerungshaltung der Palästinenserbehörde stärken, die keine Gespräche mit Israel führen will“. Die Entscheidung werfe auch Fragen darüber auf, welche Rolle die EU künftig in der Region spielen wolle und könne „Konsequenzen“ hinsichtlich der Beziehungen zwischen Israel und der EU haben.
Auch Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat die EU-Kennzeichnungspflicht für Siedlerprodukte hart verurteilt. "Die Kennzeichnung von Produkten des jüdischen Staats durch die Europäische Union weckt dunkle Erinnerungen", sagte Netanjahu am Mittwoch in Jerusalem. "Europa sollte sich schämen." (AFP/dpa)