Brexit: EU berät über Fristverlängerung
Beim EU-Gipfel zeigen sich die Staats- und Regierungschefs offen für eine Brexit-Fristverlängerung - aber nicht nach der Vorstellung von Theresa May.
Die britische Regierungschefin Theresa May stößt mit ihrer Bitte um eine dreimonatige Verlängerung der Brexit-Frist in der EU auf Widerstand. In einer Regierungserklärung sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstag im Bundestag angesichts des britischen Verlängerungswunsches, dass die „Rechtmäßigkeit der Europawahl“ berücksichtigt werden müsse. Eine „kurzfristige Verlängerung“ der Brexit-Frist sei aber denkbar, fügte Merkel hinzu.
Ähnlich äußerte sich zum Auftakt eines EU-Gipfels in Brüssel auch die litauische Präsidentin Dalia Grybauskaite. Sie sprach sich für eine Verschiebung des Brexit-Datums auf Ende Mai aus. Zwischen dem 23. und 26. Mai finden in der EU Europawahlen statt. Juristen erwarten Probleme für den Fall, dass Großbritannien zu diesem Zeitpunkt noch Mitglied der EU sein sollte, aber nicht an den Wahlen teilnimmt. Bei den Beratungen auf dem Gipfel, die sich bis in den späten Abend hinzogen, waren nun mehrere Optionen im Gespräch - entweder eine kurze Fristverlängerung bis Mai oder eine deutliche Ausdehnung der Frist bis Ende 2019.
Auch Labour-Chef Corbyn spricht in Brüssel vor
May erläuterte zum Auftakt des Gipfels noch einmal ihr Schreiben an EU-Ratschef Donald Tusk, in dem sie am Vortag um eine dreimonatige Brexit-Verlängerung bis zum 30. Juni gebeten hatte. Gleichzeitig führte auch Oppositionschef Jeremy Corbyn in Brüssel Gespräche mit EU-Chefverhandler Michel Barnier und dem Generalsekretär der EU-Kommission, Martin Selmayr. Der Labour-Vorsitzende Corbyn erklärte, dass er May dazu bewegen wolle, gegen den Willen der Tory-Hardliner auf einen „weichen Brexit“ hinzuarbeiten.
In London hat sich die politische Krise weiter verschärft, nachdem May am Mittwochabend den Unterhausabgeordneten in einer Rede vorgeworfen hatte, eine Lösung im Ringen um den Brexit zu torpedieren. Mit den Worten „Ich bin auf eurer Seite“ hatte sich May direkt an die Bevölkerung gewandt und betont, dass die Briten vom Gezerre um den britischen EU-Ausstieg genug hätten. Mays Wortwahl rief Protest bei zahlreichen Unterhausabgeordneten hervor.
Merkel schließt No-Deal-Szenario nicht aus
Wie das Ringen um den Brexit weitergeht, ist völlig offen. Merkel betonte in ihrer Regierungserklärung, man müsse sich auch auf einen „harten Brexit“ einstellen. Ein solches No-Deal-Szenario könnte eintreten, falls May in der kommenden Woche erneut im Unterhaus mit einer Abstimmung über den EU-Austrittsvertrag scheitern sollte. Die EU macht ein neuerliches Votum im Unterhaus zur Vorbedingung für eine kurze Verlängerung der Brexit-Frist. Für den Fall einer weiteren Niederlage Mays hat sich EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker bereits für einen Sondergipfel in der kommenden Woche ausgesprochen.
Sollte der EU-Austrittsvertrag in der kommenden Woche im dritten Anlauf im Unterhaus eine Mehrheit finden, dann dürfte es zu einer kurzfristigen Brexit-Verlängerung kommen. In den Wochen nach dem 29. März könnten dann in London die nötigen Begleitgesetze verabschiedet werden.
Macron zeigt klare Kante
Unterdessen zeigten sich am Donnerstag auch Unterschiede zwischen den EU- Partnern beim Umgang mit der Brexit- Krise. Während Merkel im Bundestag betonte, man müsse bis zur letzten Stunde verhandeln und dabei sowohl die Interessen der EU als auch des Vereinigten Königreiches im Sinn haben, zeigte sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron weniger konziliant. Zum Auftakt des Gipfels erklärte er, dass eine Ablehnung des Austrittsvertrages im britischen Parlament automatisch zu einem ungeregelten Brexit führen werde.