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Jörg Sartor (M), Vorsitzender der Essener Tafel, öffnet die Eingangstür der Essener Tafel.
© Roland Weihrauch/dpa
Update

Debatte um Armut: Essener Tafel nimmt wieder Ausländer als Neukunden auf

Drei Monate ließ die Essener Tafel keine Migranten als Neukunden zu. Die Debatte dazu war hitzig. Nun gibt es eine Neuorganisation der Lebensmittelausgabe.

Bundesweit sorgte die Essener Tafel für teils scharfe Debatten, nun hat sie ihren umstrittenen Aufnahme-Stopp für Ausländer nach knapp drei Monaten wieder aufgehoben. Der Vorstand des Trägervereins beschloss am Dienstag einstimmig, dass Berechtigungskarten künftig wieder unabhängig von der Nationalität vergeben werden sollen. Der Beschluss trete am Mittwochnachmittag in Kraft, sagte der Vereinsvorsitzende Jörg Sartor.

Zuvor sollen alle elf Außenstellen des Vereins über die Details der Entscheidung informiert werden. Weil die Ausgabe neuer Tafelausweise nur einmal wöchentlich am Mittwochmorgen stattfindet, wird der Beschluss damit erst in der kommenden Woche am 11. April zum ersten Mal wirksam.

Seit dem 10. Januar hatte die Hilfsorganisation Ausländer als Neukunden bei der Essensausgabe abgelehnt und damit bundesweit eine kontroverse Diskussion unter anderem über Armut in Deutschland ausgelöst. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte mit Äußerungen wie, mit Hartz IV habe „jeder das, was er zum Leben braucht“, von vielen Seiten Kritik auf sich gezogen.

Die Tafel hatte den Schritt mit einem 75-Prozent-Anteil an Ausländern unter ihren Kunden begründet. Gerade ältere Menschen und alleinerziehende Mütter hätten sich von den vielen fremdsprachigen jungen Männern in der Warteschlange abgeschreckt gefühlt, hieß es.

Der Ausländeranteil sei mittlerweile deutlich gesunken, sagte Sartor nun. Der 61-Jährige schätzte ihn auf derzeit etwa 45 Prozent. Die Essener Tafel hatte stets betont, dass es sich bei dem Aufnahme-Stopp um eine vorübergehende Maßnahme handele.

Nachdem sich unter anderem auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kritisch geäußert hatte, vereinbarte ein Runder Tisch am 9. März eine Neuregelung für Kapazitätsengpässe: Unabhängig von ihrer Nationalität sollen dann Alleinerziehende, Familien mit minderjährigen Kindern sowie Senioren bevorzugt aufgenommen werden. „Wenn ein Engpass kommt, werden wir uns auf diese Menschengruppen fokussieren“, sagte Sartor. An dem von der Stadt moderierten Runden Tisch hatten Vertreter der Essener Tafel, der Essener Wohlfahrtsverbände sowie des Verbundes der Essener Migrantenselbstorganisationen teilgenommen.

Bundesweit gibt es 934 gemeinnützige Tafeln. Sie sammeln einwandfreie überschüssige Lebensmittel von Herstellern und Händlern und verteilen sie regelmäßig an bis zu 1,5 Millionen Bedürftige. Bei 40 Prozent der Einrichtungen sind Vereine die Träger, bei den übrigen stehen Organisationen wie Diakonie, Caritas, Rotes Kreuz oder AWO dahinter. (dpa)

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