Luxemburgs Außenminister warnt: „Es muss absolut verhindert werden, dass diese Barbaren wieder auf freien Fuß kommen“
Die Türkei will einen Teil der ausländischen IS-Kämpfer schon am Montag abschieben. Insgesamt sollen 20 Terroristen nach Deutschland kommen.
Die Türkei will einen deutschen Kämpfer der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) schon an diesem Montag abschieben. Das sagte der Sprecher des Innenministeriums, Ismail Catakli, nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu. Auch ein Däne soll schon am Montag abgeschoben werden, sagte er. Ein amerikanischer IS-Kämpfer sei bereits zurückgeführt worden. „Insofern wird heute die Abschiebung von drei ausländischen Terroristenkämpfern aus unserem Land gewährleistet.“
Zudem kündigte Catakli an, sieben deutschstämmige IS-Kämpfer am Donnerstag abzuschieben. Sie hätten die deutsche Nationalität. Der türkische Innenminister Süleyman Soylu hatte die Rückführung von Kämpfern des IS am Freitag angekündigt.
Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes sagte am Montag in Berlin, am Donnerstag sollten sieben, am Freitag dann noch einmal zwei deutsche Staatsangehörige ankommen. Es handele sich um insgesamt drei Männer, fünf Frauen und zwei Kinder.
Bei zwei der Frauen gebe es Anhaltspunkte, dass sie sich in Syrien aufgehalten hätten. Bei den anderen Deutschen könne dies ebenfalls nicht ausgeschlossen werden. Noch sei aber nicht klar, ob es bei allen von ihnen einen Bezug zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gebe. Bei einer weiteren Person, die bereits am Montag aus der Türkei nach Deutschland abgeschoben werden solle, gebe es keinen IS-Zusammenhang.
Mehr als 1000 IS-Anhänger in türkischen Gefängnissen
Wie die Deutsche Presse-Agentur erfuhr, sollen mindestens zwei der Frauen aus dem Lager Ain Issa in Syrien ausgebrochen sein. Vier der insgesamt fünf Frauen sollen in der vergangenen Woche in der Türkei festgenommen worden sein. Eine von ihnen stammt dem Vernehmen nach aus Hamburg.
Nach Angaben des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan sitzen derzeit 1149 Anhänger des IS in türkischen Gefängnissen. Davon seien 737 ausländische Staatsbürger.
Der Kommunikationsdirektor Erdogans, Fahrettin Altun, hatte der „Stuttgarter Zeitung“ gesagt, die Türkei wolle auch 20 deutsche IS-Anhänger abschieben.
Asselborn wirft Türkei Gefährdung Europas vor
Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn hat die Türkei wegen der geplanten Rückführung vor einer Gefährdung der Sicherheit Europas und der Nahost-Region gewarnt. „Es muss absolut verhindert werden, dass diese Barbaren wieder auf freien Fuß kommen“, sagte Asselborn am Montag beim Treffen der EU-Außenminister in Brüssel. „Befehle der Türkei“ in der Frage seien deshalb nicht angebracht.
Asselborn warnte davor, die Erfolge der internationalen Koalition gegen den IS zu gefährden. Wenn Ergebnis der jahrelangen Bemühungen sei, „dass diese Menschen wieder frei herumlaufen, dann ist das Ganze ja Unsinn gewesen“. Er forderte die Türkei auf, sich mit den Partnern aus Nato und EU in der Frage abzustimmen.
Maas fordert Angaben zu Terroristen „schnell und ausführlich“
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hat die Türkei aufgefordert, vor der Abschiebung von aus Deutschland stammenden IS-Kämpfern Informationen für ein juristisches Vorgehen gegen die Rückkehrer zu liefern. Ankara müsse entsprechende Angaben „schnell und ausführlich“ weitergeben, sagte Maas am Montag in Brüssel. Ziel sei es, „ausreichend gerichtsfeste Beweise zu haben, um jemanden dann in Haft zu nehmen und vor Gericht zu stellen“.
Die Bundesregierung sei zurzeit „im Dialog mit den türkischen Behörden“, sagte Maas nach dem Treffen der EU-Außenminister in Brüssel. „Für uns ist es nach wie vor wichtig zu erfahren, ob ein Bezug zu IS-Kampfhandlungen besteht. Wenn das der Fall ist, wollen wir dafür sorgen, dass diejenigen in Deutschland vor der deutschen Gerichtsbarkeit sich verantworten müssen“.
Maas wies zurück, dass Deutschland durch die Türkei mit den IS-Kämpfern nun erpresst werde. „Ich wüsste nicht, was daran jetzt etwas mit Erpressbarkeit zu tun haben soll“, sagte er. Zudem verwies der Außenminister darauf, dass sich "die Dinge" durch die türkische Militäroffensive gegen die Kurden in Nordostsyrien „verändert haben“.
Türkei sieht Europa in der Verantwortung
Die Türkei hatte am 9. Oktober eine Offensive gegen die Kurdenmiliz YPG begonnen, die sie als Terrororganisation betrachtet. Während der türkischen Militäroffensive wurden nach Angaben von Soylu 287 IS-Anhänger festgenommen, darunter Frauen und Kinder.
In Nordsyrien haben sich die Türkei und Russland als Schutzmacht des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad inzwischen darauf geeinigt, den zuvor zwischen Kurden und Türken umkämpften Grenzstreifen gemeinsam zu kontrollieren. Die von der YPG geführten SDF haben sich nach russischen Angaben zurückgezogen.
Mehrere europäische Staaten haben es bisher abgelehnt, IS-Anhänger zurückzuholen, die von der SDF in Nordsyrien gefangen genommen worden sind.
Soylu hatte europäischen Verbündeten der Türkei wie Großbritannien oder den Niederlanden in der Vergangenheit vorgeworfen, sich aus der Verantwortung zu ziehen, indem sie IS-Kämpfern die Staatsangehörigkeit entzögen und sich weigerten, diese zurückzunehmen. (dpa, AFP)