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Trauer: Die Insel Utøya 2011 kurz nach dem Attentat. Im Wasser schwimmen Rosen, die an die Opfer erinnern.
© Jörg Carstensen/dpa

Fünf Jahre nach dem Breivik-Massaker: "Es gibt immer noch so viele Wunden“

Seit den Terroranschlägen in Norwegen sind fünf Jahre vergangen. Vergessen können die Menschen dort den Tag nicht - auf Utøya wollen sie versuchen, damit umzugehen.

Der 22. Juli 2011 ist für die Norweger der Tag, den sie nie vergessen werden.

Der Tag des größten Terrors in ihrer Geschichte: Erst der Bombenanschlag mit acht Toten im Osloer Regierungsviertel. Dann das Massaker auf der Insel Utøya. Knapp eineinhalb Stunden schoss der Massenmörder Anders Behring Breivik dort um sich.

Im Café-Gebäude allein tötete er am Freitag vor fünf Jahren 13 junge Menschen, innerhalb von nur hundert Sekunden. Er erschoss sie auf der Flucht oder in ihren Verstecken. Ein Mädchen traf seine Kugel mitten im Schrei, ein anderes, als sie gerade verzweifelt mit ihrem Vater telefonierte. Dann zog Breivik weiter über die Insel. Am Ende hatte der Norweger 69 Leben ausgelöscht.

Danach war in Norwegen nichts mehr, wie es vorher war. In der kleinen Nation kennt jeder jemanden, der im Regierungsviertel gearbeitet hat oder bei dem Sommerlager der Jugendorganisation der Arbeiterpartei (AUF) auf Utøya war. „Es ist fünf Jahre her, aber es gibt immer noch so viele unsichtbare Wunden“, sagte AUF-Chef Mani Hussaini der Deutschen Presse-Agentur.

Die Hinterbliebenen wollen sich heute auf der kleinen Insel Utøya treffen

Am Freitag wollen sich die Norweger gemeinsam an die 77 Todesopfer der Terroranschläge erinnern, für die Breivik zu 21 Jahren Haft mit Sicherheitsverwahrung verurteilt wurde: Tausende wollen in Oslo zusammenkommen, darunter auch Ministerpräsidentin Erna Solberg und das norwegische Kronprinzenpaar. Später wollen sich die Menschen auf Utøya treffen, die Kinder, Geschwister, Freunde verloren haben.
Wie mit der Insel umgegangen werden sollte, war lange Streitpunkt zwischen Angehörigen, Überlebenden und der AUF, der Utøya gehört. 2015 hielt die Arbeiterpartei-Jugend zum ersten Mal wieder ein Sommercamp auf der Insel ab. In diesem Jahr eröffnet sie zum 22. Juli ein Schulungszentrum auf Utøya, in dem sich Jugendliche über die Ereignisse von damals informieren und über Themen wie Extremismus und Meinungsfreiheit diskutieren können.

Wo die Opfer starben, wird jetzt an sie erinnert - und über Extremismus und Meinungsfreiheit diskutiert

Kern des Zentrums ist die Cafeteria, in der 13 Menschen starben. Instinktiv hatte die AUF das Gebäude nach den Anschlägen abreißen wollen. „Sie haben geglaubt, dass das das einzig Richtige ist“, sagte Kurator Tor Einar Fagerland, der auch eine Ausstellung zum 22. Juli im Regierungsviertel verantwortet. Doch vor allem Familien der Opfer wandten sich gegen die Pläne. Sie wollten das Haus bewahren, mit dem so viele schmerzhafte Erinnerungen verbunden sind.

Jetzt haben Teile der Cafeteria einen Platz in dem neuen Gebäude. Besucher können die Einschusslöcher in den Wänden sehen, die Fenster, aus denen sich Jugendliche ins Freie zu retten versuchten, stehen offen. Das Dach des neuen Zentrums wird von 69 Holzpfeilern getragen, die die Opfer symbolisieren. Und um das Haus herum stehen fast 500 Pfeiler, einer für jeden Überlebenden. (dpa)

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