Terroranschläge in Pakistan: Erneuter Angriff auf Flughafen in Karachi
Erst am Montag waren 37 Menschen bei einem Angriff der Taliban auf den Flughafen von Karachi getötet worden. Jetzt kam es am Dienstag erneut zu einem Feuergefecht.
Der Flughafen der pakistanischen Wirtschaftsmetropole Karachi ist am Dienstag erneut Ziel eines Angriffs geworden. Bewaffnete lieferten sich an einem Kontrollposten außerhalb des Flughafengeländes einen Schusswechsel mit Sicherheitsbeamten, sagte ein Sprecher des Airport-Sicherheitsdienstes. Der Flugbetrieb sei ausgesetzt worden. Der umkämpfte Kontrollposten liegt am Eingang einer Unterkunft des Flughafensicherheitsdienstes ASF und etwa 500 Meter vom Hauptgelände des Flughafens entfernt. Bilder des pakistanischen Fernsehens zeigten militärische Fahrzeuge und Krankenwagen, die zum Ort des Angriffs rasten. "Wir haben den gesamten Flugbetrieb des Flughafens Karachi ausgesetzt und bringen die Passagiere in Sicherheit", sagte Mashud Tajwar, Sprecher der Fluggesellschaft Pakistan International Airlines.
37 Tote bei Angriff in der Nacht zum Montag
Schon in der Nacht zum Montag war der Flughafen von Karachi Schauplatz eines Blutbades: Zehn Taliban-Kämpfer stürmten bewaffnet mit Raketenwerfern wie Sprengstoff und verkleidet als Polizisten das Gelände und wollten erst ein Flugzeug entführen. Dabei wurden sie jedoch in schwere Schusswechsel mit den Sicherheitskräften verwickelt. Erst nach Stunden gelang es, den Flughafen zu sichern. Zunächst war von 28 Toten die Rede, unter ihnen acht Sicherheitskräfte, vier Flughafenmitarbeiter und zehn Militante. Im weiteren Tagesverlauf aber stieg die Zahl der Toten auf mindestens 37, als in einem Kühlhaus die Leichen von sieben Flughafenmitarbeitern entdeckt wurden. Sie hatten sich während des Taliban-Angriffs in dem Raum versteckt, in dem normalerweise Lebensmittel gelagert werden, wie die örtlichen Behörden mitteilten. Das Gebäude ging während des Angriffs in Flammen auf.
Die Flughafenmitarbeiter hatten in ihrem Versteck mit ihren Familien telefoniert, weshalb die Angehörigen am Montag die Behörden eindringlich aufforderten, nach ihren Verwandten zu suchen. Dem Gesundheitsminister der Provinz, Sagher Ahmed, zufolge wurde außerdem nach dem Angriff der Taliban noch immer ein Sicherheitsbeamter vermisst. Zugleich kamen bei einem zweiten Anschlag an der Grenze zum Iran 24 schiitische Pilger und drei Terroristen ums Leben.
Rückschlag für den Premier
Noch am Montagvormittag stiegen graue Rauchsäulen über dem Jinnah International Airport auf. Der Talibanverband Tehreek-e-Taliban (TTP) bekannte sich zu dem Anschlag. Die Attacke auf den hochgesicherten Flughafen schockte das Land. Es war einer der spektakulärsten Terrorangriffe seit langem – und ein schwerer Rückschlag für Premier Nawaz Scharif, der den Militanten Gespräche angeboten hat, um das Land zu befrieden.
Scharif kommt dadurch immer mehr in Bedrängnis. Der seit 2013 regierende Chef der Muslimliga war mit dem Versprechen angetreten, den Terror zu beenden und die Wirtschaft anzukurbeln. Doch die im Februar begonnenen Gespräche mit den Taliban stocken. Das Blutbad dürfte Hoffnungen auf eine friedliche Lösung nun weiter zunichte machen. Beobachter rechnen mit Vergeltungsschlägen des Militärs und einer neuen Gewaltspirale. TTP-Sprecher Shahidulla Shahid drohte mit weiteren Anschlägen und lehnte das jüngste Gesprächsangebot der Regierung als „Trick“ ab. Der Angriff sei nur „der Beginn“ einer neuen Gewaltserie, um den Tod von Hunderten „Unschuldigen“ in den Grenzgebieten zu Afghanistan zu rächen, die bei Luftschlägen der pakistanischen Armee getötet worden seien, sagte Shahid. „Dies ist eine Botschaft an die pakistanische Regierung, dass wir noch am Leben sind.“
Eigentlich wollten die Terroristen ein Flugzeug entführen
Karachi mit seinen 18 Millionen Einwohnern ist das Wirtschaftszentrum der Atommacht. Die Attacke auf den Flughafen dürfte Investoren weiter verunsichern, zumal gestreut wurde, dass die Militanten ein Flugzeug entführen wollten. „Ihr Ziel war eine Passagiermaschine auf dem Jinnah-Terminal“, zitiert die Agentur AFP einen ungenannten Geheimdienst-Mitarbeiter. Laut Medien waren die Angreifer, alle im Alter zwischen 20 und 25, gegen elf Uhr nachts in das alte Terminal des Flughafens eingedrungen, wo neben Frachtmaschinen auch Privatflüge etwa für Mekka-Reisende abgefertigt werden. Die ganze Nacht waren Explosionen und Schüsse zu hören.
Viele Fragen sind noch offen
Passagiere wurden in Sicherheit gebraucht, Flüge umgeleitet. „Ich hörte heftige Schusswechsel und sah, wie die Terroristen auf Sicherheitskräfte feuerten”, sagte ein Mitarbeiter der Fluglinie PIA Reportern. „Ich danke Gott, dass ich am Leben bin. Das ist alles sehr erschreckend.“ Erst nach Stunden konnte das Militär, unterstützt von Polizei und Elitetruppen, das Gebäude sichern. Kein Flugzeug sei zerstört worden, hieß es. Unklar blieb, wie es den Angreifern gelingen konnte, in den Flughafen einzudringen. Einige Medien schrieben, sie hätten sich den Weg freigeschossen, andere, sie hätten gefälschte Ausweise benutzt.
40.000 Tote in elf Jahren
Das Militär behauptete, bei den Tätern handele es sich um Usbeken. Dies nährte Spekulationen, dass professionell trainierte Al-Qaida-Kämpfer an dem sorgfältig vorbereiteten Angriff beteiligt waren. Seit 2003 sind bei Talibanattacken in Pakistan rund 40.000 Menschen getötet worden. Der Angriff auf den Flughafen ist nicht der erste spektakuläre Terrorschlag. Zuletzt hatten die Taliban 2011 den Marinestützpunkt Mehran angegriffen und zehn Menschen getötet. (mit AFP)
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