Israel und seine Dauerwahl: Erneut politischer Patt zwischen Netanjahu und Gantz
Nach der Wahl scheint in Israel vor der Wahl – noch immer gibt es keine klaren Mehrheiten. Unterdessen läuft der Korruptionsprozess gegen Netanjahu weiter.
Israel hat das amtliche Endergebnis der Parlamentswahl vom 2. März veröffentlicht. An der politischen Pattsituation nach der dritten Wahl binnen eines Jahres ändert sich nichts. Die rechtskonservative Likud-Partei von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wurde mit 36 von 120 Sitzen stärkste Kraft, wie das Zentrale Wahlkomitee am Dienstag auf seiner Internetseite schrieb. Allerdings verfehlte das rechts-religiöse Lager um den Likud mit 58 Sitzen die notwendige Regierungsmehrheit von 61.
Das Mitte-Bündnis Blau-Weiß von Ex-Militärchef Benny Gantz kam demnach auf 33 Sitze, das Mitte-Links-Lager auf 55 Sitze. Der ultrarechte Ex-Verteidigungsminister Avigdor Lieberman erhielt mit Israel Beitenu sieben Mandate. Er ist damit erneut das Zünglein an der Waage. Drittstärkste Kraft im Parlament wurde die Vereinigte Arabische Liste mit 15 Mandaten.
Regierungsbildung mit Kleinparteien möglich
Die Wahlbeteiligung lag bei rund 71,5 Prozent und damit höher als bei den beiden vorangegangen Wahlen. Im April 2019 waren es gut 68 Prozent gewesen, im September knapp 70 Prozent.
Am Mittwoch werden die amtlichen Endergebnisse an Präsident Reuven Rivlin übergeben. Danach hat Rivlin eine Woche Zeit, einen Kandidaten mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Am Sonntag will sich der Präsident dazu mit Vertretern der einzelnen Fraktionen treffen.
Sollte Gantz von Lieberman und den arabischen Parteien empfohlen werden, könnte er mit der Regierungsbildung beauftragt werden, obwohl seine Partei bei der Wahl nur auf Platz zwei landete. Er hat sich bereits in den vergangenen Tagen sowohl mit Lieberman als auch mit Vertretern der Vereinigten Arabischen Liste wegen einer möglichen Zusammenarbeit beraten.
Korruptionsprozess gegen Netanjahu läuft weiter
Unterdessen hat ein israelisches Gericht den Antrag von Regierungschef Benjamin Netanjahu auf Verschiebung seines Korruptionsprozesses abgelehnt. Es gebe keine ausreichenden Gründe für einen Aufschub, hieß es in einem Beschluss des zuständigen Jerusalemer Gerichts, den die Nachrichtenagentur AFP am Dienstag einsehen konnte. Die für den 17. März geplante Anhörung ist demnach „nur der Verlesung der Anklagepunkte vorbehalten“, eine Antwort Netanjahus oder seiner Verteidigung sei in diesem Stadium des Prozesses nicht notwendig.
In einem Brief hatten Netanjahus Anwälte das Gericht am Montag um eine Verschiebung des Prozessbeginns um 45 Tage gebeten. Sie argumentierten, sie hätten „noch nicht alle Dokumente im Zusammenhang mit den Ermittlungen“ erhalten. Netanjahu steht wegen Bestechlichkeit, Betrugs und Untreue unter Anklage. Er streitet alle Vorwürfe der Staatsanwaltschaft ab und sieht sich als Opfer einer „Hexenjagd“ durch die Staatsanwaltschaft und die Medien.
Es kann aufgrund der Wahlergebnisse vom 2. März dazu kommen, dass Netanjahu mit der Regierungsbildung beauftragt wird, während er sich vor Gericht wegen Korruption verantworten muss.
Gemäß israelischem Recht kann auch ein unter Anklage stehender Regierungschef im Amt bleiben; zurücktreten muss er erst nach einer rechtskräftigen Verurteilung. Oppositionelle Abgeordnete in der Knesset ziehen in Erwägung, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der es angeklagten Politikern verbieten würde, eine Regierung zu bilden. (dpa/ AFP)