Sieben-Tage-Inzidenz im Vergleich: Erleben wir wirklich eine Pandemie der Ungeimpften?
Die Zahl der Corona-Neuinfektionen steigt rasant, auch Geimpfte infizieren sich. Doch: In Bundesländern mit höheren Impfquoten ist die Lage weniger angespannt.
Deutschland erlebt die „Pandemie der Ungeimpften“. Der Begriff ist zwar umstritten, in der Politik, unter Virologen, in der Bevölkerung. Denn können nicht Geimpfte das Virus auch übertragen? Kommt es nicht zu Impdurchbrüchen? Reicht nicht regelmäßiges Testen aus?
Wie auch immer, die Zahlen sind recht eindeutig: Die Sieben-Tage-Inzidenz unter Geimpften ist weitaus geringer als die unter Ungeimpften. Bayern hat bei Ungeimpften eine Inzidenz, die um das Zehnfache höher ist, Sachsen fast um das Fünfzehnfache. In Hamburg beträgt der Unterschied mehr als das Zwanzigfache.
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Treiben die Impfunwilligen, die Unkundigen, die Verweigerer Deutschland in eine noch schwierigere Situation als im vergangenen Winter? Hier gilt es eines zu beachten: Die hohen Inzidenzen bei Ungeimpften gehen auch auf sehr hohe Fallzahlen bei den Jüngeren zurück, die generell nicht geimpft sind (Kinder) oder zu einem geringeren Teil, wie die Jugendlichen bis 18 Jahre.
Nach den Zahlen des Robert-Koch-Instituts (RKI) ist das Infektionsgeschehen bundesweit unter Kindern von fünf bis 14 Jahren am höchsten, mit einer Inzidenz von 532 je 100.000 Einwohnern binnen sieben Tagen. Ab 60 Jahren, bei den Älteren mit einem hohen Geimpftenanteil, liegt sie dagegen bei 144. In den Regionen mit extrem hohen Inzidenzen quer durch alle Altersgruppen – Sachsen, Thüringen, Bayern – gehen die hohen Fallzahlen aber stark auf ungeimpfte Erwachsene zurück.
Generell gilt: In den Bundesländern mit höheren Impfquoten ist die Situation in aller Regel weniger angespannt als in den drei Hochinzidenzländern Sachsen, Thüringen und Bayern. Vor allem gilt das für Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen. Wie immer seit Beginn der Pandemie ist das regionale Infektionsgeschehen unterschiedlich, doch lief es selten zuvor so stark auseinander wie jetzt.
Neue Pläne im Bundestag
Im Bundestag wird es nun von diesem Montag an darum gehen, wie stark auch in Deutschland der Kampf gegen die Pandemie mit Auflagen für Ungeimpfte geführt wird. SPD, Grüne und FDP haben sich, noch vor der Regierungsbildung, im Parlament auf eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes verständigt.
Dass auch die Ampel-Parteien von einer Pandemie der Ungeimpften ausgehen, zeigt der Wortlaut des Gesetzentwurfs samt der Begründung. „Geimpfte und Genesene werden seltener infiziert und werden somit auch seltener zu Überträgern des Coronavirus“, ist da zu lesen. „Zudem sind sie, wenn sie trotz der Impfung infiziert werden sollten, für einen deutlich kürzeren Zeitraum infektiös. Das Risiko, das von Geimpften und Genesenen ausgeht, ist somit deutlich geringer.“
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Laut RKI ist zwar das Risiko der Ungeimpften, sich mit dem Coronavirus anzustecken, nur zwei- bis dreimal größer als bei Geimpften. Aber Ansteckungen sind das geringere Problem – sie sind in einer Pandemie auch unvermeidbar.
Problematisch ist vor allem, dass ungeimpfte Erwachsene ein weitaus höheres Risiko eingehen, schwer zu erkranken und damit auch in der Klinik oder gar auf einer Intensivstation zu landen – im Gegensatz zu den hiervon deutlich weniger betroffenen Jungen. Laut RKI ist dieses Risiko zehn- bis zwanzigmal höher im Vergleich zu Immunisierten.
3G-Pflicht in Betrieben
Ob die Maßnahmen, die nun kommen sollen, auch greifen, wird sich zeigen. In Betrieben soll es bald eine 3G-Pflicht geben, wie in Italien etwa. Das bedeutet, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer nur noch in die Firma können, wenn sie ein Impfdokument, einen Genesenennachweis oder aber einen allenfalls 24 Stunden alten Schnelltest haben. Liegt ein maximal 48 Stunden alter PCR-Test vor, genügt auch das.
Tests sollen in der Regel durch Dritte oder unter Aufsicht vorgenommen werden. Kontrollen durch die Arbeitgeber werden vorgeschrieben. In Krankenhäusern, Altenheimen und anderen Betreuungseinrichtungen soll eine allgemeine Testpflicht gelten, auch für geimpftes Personal oder Besucher.
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Tests sind zweifellos hilfreich, aber haben immer ein Problem: Handelt es sich nicht um die relativ sicheren PCR-Tests, ist das Ansteckungsrisiko etwa bei Veranstaltungen oder in Betrieben aufgrund falscher Schnelltests höher – „je mehr Ungeimpfte, desto höher die Wahrscheinlichkeit“, schreibt das RKI.
Home Office, aber auch 2G plus?
Zudem wird wieder die Pflicht für Arbeitgeber eingeführt, Home-Office-Arbeit zu ermöglichen – sei denn, betriebliche Gründe etwa in der Arbeitsorganisation stehen dem entgegen. Auch Mitarbeiter werden verpflichtet, das Angebot anzunehmen, es sei denn, es gibt Gründe, die das nicht erlauben – enge Wohnungen, Störungen durch Dritte, eine unzureichende Ausstattung.
Auch die am Freitag schon vom geschäftsführenden Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nahegelegte 2G-plus-Regelung soll gesetzlich ermöglicht werden. Sie bedeutet, dass in bestimmten Fällen Zugang zu Veranstaltungen oder Räumen auch Geimpften oder Genesenen nur mit einem aktuellen Test möglich ist.
Bayern möchte, dass das ausdrücklich auch für Diskotheken erlaubt wird. Ob „2G plus“ juristisch haltbar ist, wird sich zeigen – es kommt wie immer auf die Verhältnismäßigkeit an. Die in Berlin und anderorts schon vorgesehene einfache 2G-Regelung ist von den Plänen auf Bundesebene nicht betroffen.
Ampel-Parteien verschärfen ihre Corona-Pläne
Die möglichen Koalitionspartner SPD, Grüne und FDP haben sich inzwischen auf deutliche Verschärfungen bei der geplanten Änderung des Infektionsschutzgesetzes geeinigt. Angesichts der dramatisch steigenden Corona-Infektionszahlen sollen nun grundsätzlich auch Kontaktbeschränkungen angeordnet werden können, wie aus einer Vereinbarung von Vertretern der drei Fraktionen hervorgeht, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Dabei geht es um Ungeimpfte, wie Grünen-Chef Robert Habeck zuvor bereits in der ARD angedeutet hatte. Zudem sollen Ungeimpfte ohne negativen Test keine Busse und Bahnen mehr benutzen dürfen - unabhängig von der weiter geltenden Maskenpflicht.
„Die Möglichkeit, Kontaktbeschränkungen im privaten und im öffentlichen Raum anordnen zu können, soll in den Maßnahmenkatalog ergänzend aufgenommen werden“, vereinbarten die Partner einer möglichen sogenannten Ampel-Koalition. Ohne diese Verschärfung der bisherigen Pläne wären Kontaktbeschränkungen nach dem Auslaufen des Rechtsstatus der Epidemischen Lage nationaler Tragweite zum 25. November nicht mehr möglich. An dem Vorhaben, diesen Sonderstatus zu beenden, halten die drei koalitionsbildenden Parteien aber fest. (mit dpa)
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