Kommunalwahlen in der Türkei: Erdogans AKP verliert voraussichtlich in Ankara
Die regierende AKP behält bei den Kommunalwahlen in der Türkei zwar die Stimmenmehrheit. Doch sie unterliegt in wichtigen Städten.
Dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan droht bei der Kommunalwahl am Sonntag eine schmerzhafte Niederlage: Nach Auszählung fast aller Stimmen lag Mansur Yavas von der Oppositionspartei CHP mit 50,9 Prozent fast vier Punkte vor dem Kandidaten der AKP. Auch in der Ferienhochburg Antalya übernimmt die CHP das Ruder. In Istanbul liegen AKP und Oppositionspartei CHP weiterhin so dicht beieindander, dass unklar ist, wer gewonnen hat.
Grund für die Verluste der AKP ist vor allem die schlechte wirtschaftliche Lage der Türkei mit Rezession, steigender Arbeitslosigkeit und Wertverlusten der Lira.
In einer ersten Stellungnahme räumte Erdogan Rückschläge ein, betonte aber seine Partei bleibe aber die mit Abstand stärkste politische Kraft im Land. Die Türkei müsse jetzt nach vorne schauen und sich besonders um die Wirtschaft kümmern, sagte der Präsident.
Der Verlust der Macht in der Hauptstadt Ankara, die seit 1994 von islamisch-konservativen Politikern regiert wurde, ist eine Niederlage mit hoher symbolischer Bedeutung. Die AKP musste zudem Antalya sowie ein halbes Dutzend andere Städte und Provinzen an die CHP abgeben. In der 15-Millionen-Metropole Istanbul lag der AKP-Kandidat Binali Yildirim am Abend nach offiziellen Zahlen zwar mit 0,3 Prozentpunkten vor dem CHP-Kandidaten Ekrem Imamoglu. Doch Imamoglu erklärte, nach seinen eigenen Berechnungen liege er deutlich vorn. Aus unbekannten Gründen veröffentlichten die Behörden am Abend keine Ergebnisse mehr aus CHP-Hochburgen in Istanbul.
Das Rechtsbündnis verliert Stimmen, kann sich aber behaupten
Besser lief es für die AKP im südostanatolischen Kurdengebiet. Dort gaben viele Wähler offenbar der pro-kurdischen Partei HDP die Quittung für die schweren Zerstörungen in den Innenstädten während heftiger Gefechte zwischen der türkischen Armee und der kurdischen Terrororganisation PKK in den vergangenen Jahren. Die Erdogan-Partei AKP konnte mehrere ostanatolische Städte und Provinzen gewinnen.
Im landesweiten Durchschnitt verlor die Allianz aus AKP und der Rechtspartei MHP an Stimmen, konnte ihre Mehrheit aber behaupten. Das Bündnis lag am Abend bei einem Stimmenanteil von knapp 52 Prozent; bei der Parlamentswahl im vergangenen Jahr waren die beiden Parteien gemeinsam auf 53,7 Prozent gekommen.
Vor der Wahl hatte Erdogan dem Oppositionspolitiker Yavas und anderen politischen Gegnern gedroht, er werde sie im Falle eines Wahlsieges absetzen lassen.
Der Präsident und die AKP waren sich vor der Wahl vom Sonntag der Unzufriedenheit ihrer Anhängerschaft bewusst. Namhafte AKP-Vertreter hatten die Wähler beschworen, der Partei keinen Denkzettel zu verpassen. Er wisse ja, dass viele Menschen verärgert seien, schrieb der vor zwei Jahren von Erdogan abgesetzte Ex-Bürgermeister von Ankara, Melih Gökcek, auf Twitter. Doch bei der Wahl am Sonntag gehe es um das Überleben der Türkei, deshalb sollten die Menschen ihren momentanen Ärger vergessen. Offenbar waren viele Wähler dazu nicht bereit.