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Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan hat sich von der Forderung von Parlamentspräsident Ismail Kahraman nach einer islamischen Verfassung distanziert.
© REUTERS

Türkei: Erdogan lehnt Forderung nach islamischer Verfassung ab

Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan hat sich von der Forderung des Parlamentspräsidenten distanziert - die Türkei solle ein säkularer Staat bleiben. In Ankara kam es derweil zu wütenden Protesten.

Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan hat sich von der Forderung von Parlamentspräsident Ismail Kahraman nach einer islamischen Verfassung distanziert. Kahraman habe nur seine „persönliche Meinung“ geäußert, sagte Erdogan nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu am Dienstagabend bei einem Besuch in Zagreb. Der türkische Staat halte die gleiche Distanz zu allen Religionen. „Das ist Säkularismus.“

Auch die islamisch-konservative Regierungspartei AKP grenzte sich von der Forderung ihres Mitglieds Kahraman ab. Das Prinzip des Säkularismus solle nach den Vorstellungen der AKP auch Eingang in die neue Verfassung finden, sagte Parteisprecher Ömer Celik laut Anadolu. Die AKP sei aber für einen „libertären Säkularismus“, nicht für eine „militante“ Trennung von Staat und Religion.

Proteste vor dem Parlament in Ankara

In der Diskussion über die geplante Verfassungsreform in der Türkei hatte Kahraman am Dienstag gesagt: „Wir sind ein islamisches Land. Deshalb sollten wir eine religiöse Verfassung schaffen.“ Anschließend hatte er eingeschränkt, er habe nur seine persönliche Überzeugung zum Ausdruck gebracht. Kahramans Forderung löste wütende Proteste aus. Vor dem Parlaments in Ankara setzte die Polizei Tränengas gegen Demonstranten ein, wie die Nachrichtenagentur DHA meldete.

Auch in Deutschland stießen Kahramans Forderung auf Kritik. Grünen-Parteichef Cem Özdemir nannte solche Pläne brandgefährlich: „Die Einführung des Islam als Staatsreligion würde die ohnehin schon stark polarisierte türkische Gesellschaft weiter spalten und den sozialen Frieden mit fatalen Folgen gefährden“, sagte er den Zeitungen des Redaktionsnetzwerkes Deutschland (RND).

„Religiöse und andere Minderheiten wären die Leidtragenden. Sie würden noch stärker als bisher an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden - und das mit der Verfassung in der Hand“, warnte Özdemir. Eine religiös ausgerichtete Verfassung würde die Annäherung der Türkei an Europa überdies weiter erschweren. (dpa)

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