„Schon heute oder morgen“: Erdogan droht mit baldigem Militäreinsatz in Syrien
Die Vorbereitungen seien abgeschlossen: „Wir haben die nötigen Befehle gegeben.“ Es ist die bisher deutlichste Drohung des türkischen Präsidenten an die USA.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat einen baldigen Militäreinsatz auf syrischem Boden angekündigt. Der Einsatz der Luftwaffe und von Bodentruppen im Gebiet östlich des Euphrats könne schon am Samstag oder Sonntag beginnen, sagte Erdogan bei einer Veranstaltung seiner islamisch-konservativen Partei AKP. Es war die deutlichste Drohung Erdogans mit einem Militäreinsatz seit die Türkei und die USA verabredet haben, eine Sicherheitszone im Norden Syriens einzurichten.
"Mit internationaler Hilfe" sollen 140 Dörfer gebaut werden, sagt Erdogan
Erdogan sagte, das Gebiet östlich des Euphrats solle mit "Quellen des Friedens" gespeist werden. Bis zu zwei Millionen syrischer Flüchtlinge sollen dort angesiedelt werden. Seine Führung habe ausreichend Geduld bewiesen, sagte Erdogan. "Wir haben unsere Vorbereitungen getroffen, wir haben unsere Einsatzpläne abgeschlossen, wir haben die nötigen Befehle gegeben." Der Einsatz könne "schon heute oder morgen" beginnen.
Erdogan hatte am Dienstag seine Pläne für die Umsiedlung von Millionen Flüchtlingen aus der Türkei in eine sogenannte Sicherheitszone in Nordsyrien konkretisiert. Zwei Millionen Menschen sollten dort hinziehen, sagte er in einer Rede vor dem Parlament in Ankara am Dienstag.
Eine Million werde in neu zu bauenden Gemeinden untergebracht werden. "Mit internationaler Hilfe" sollen 140 Dörfer gebaut werden. Die Standorte stünden schon fest. Für die Finanzierung werde ein internationales Geber-Treffen organisiert, sobald das Gebiet von "terroristischen Gruppen befreit" worden sei. "Wir haben nicht vor, Millionen Flüchtlinge für immer zu beherbergen", sagte Erdogan.
Die Türkei hat seit Beginn des Bürgerkrieges im Nachbarland Syrien rund 3,6 Millionen Flüchtlinge aufgenommen. Mittlerweile kippt aber die anfangs von vielen gelebte Willkommenskultur. Erdogan hatte jüngst gedroht, den Flüchtlingen die Türen Richtung Europa zu öffnen, sollte von dort nicht mehr finanzielle Unterstützung kommen sowie Hilfe für die Einrichtung der Zone in Nordsyrien.
Ankara und Washington hatten sich auf Sicherheitszone verständigt
Die Nato-Verbündeten USA und Türkei haben sich darauf verständigt, dass die Sicherheitszone an der syrisch-türkischen Grenze auf syrischem Gebiet entstehen soll. Die Türkei wirft den USA aber vor, beim Aufbau der Zone zu langsam voranzukommen und hat mehrfach mit einem einseitigen Militäreinsatz gedroht. Die türkische Regierung verlangt, dass die Zone 30 Kilometer weit nach Syrien reichen soll und die syrische Kurden-Miliz YPG aus dem Gebiet abziehen muss. Hierüber ist sich die Türkei allerdings mit den USA uneins.
Die USA haben die von der YPG angeführten Syrischen Demokratischen Streitkräfte (SDF) im Kampf gegen die IS-Miliz in Syrien unterstützt. Die SDF erklärte am Samstag, sie werde nicht zögern, einen unprovozierten türkischen Angriff in einen umfassenden Krieg münden zu lassen.
Die Führung in Ankara stuft die Kurden-Miliz YPG als Terrororganisation ein. Die Türkei befürchtet seit langem ein Erstarken der Kurden entlang ihrer südöstlichen Grenze und ein geschlossenes Kurden-Gebiet in den Nachbarstaaten Syrien und Irak. Dies könnte nach Befürchtungen der Regierung in Ankara kurdischen Unabhängigkeitsbestrebungen in der Türkei Auftrieb geben. Denn in der Türkei wird der Südosten von der kurdischen Bevölkerungsgruppe dominiert.
Die kurdische Arbeiterpartei PKK kämpft seit 1984 mit Waffengewalt und Anschlägen für Autonomie im Südosten der Türkei. Seither wurden mehr als 40.000 Menschen getötet. Ein Waffenstillstand zwischen PKK und türkischer Regierung war im Sommer 2015 gescheitert. (Reuters, dpa)