zum Hauptinhalt
Der britische Außenminister Jeremy Hunt.
© Ben STANSALL/AFP

Umstrittener EU-Vergleich: Empörung über Aussage von Außenminister Jeremy Hunt

Der britische Außenminister Jeremy Hunt sorgt mit einem Vergleich der EU mit der Sowjetunion für Empörung. Nun distanziert sich auch Theresa May.

Die britische Premierministerin Theresa May hat sich am Dienstag wegen eines umstrittenen Zitats von ihrem Außenminister distanziert. Am Sonntag hatte Jeremy Hunt beim Tory-Parteitag in Birmingham im Bezug auf die zähen Brexit-Verhandlungen gesagt, die EU müsse aus der Geschichte der Sowjetunion lernen. „Wenn Sie die EU in ein Gefängnis verwandeln, wird der Wunsch, da rauszukommen, nicht schwinden, sondern wachsen.“ May sagte nun dem Sender BBC: „Die beiden Organisationen sind nicht das gleiche.“

Jeremy Hunt war für seinen abschätzigen Vergleich bereits von zahlreichen deutschen und europäischen Politiker kritisiert worden. „Herr Hunt, ich glaube, Sie sollten sich entschuldigen“, sagte der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber, in Straßburg. Ähnlich äußerten sich der Brexit-Beauftragte des Parlaments, Guy Verhofstadt, sowie Sozialdemokraten, Grüne und Linke.

Der schwedische Botschafter in London, Torbjörn Sohlström twitterte: "Bei den Brexit-Verhandlungen Respekt zu verlangen ist richtig, die EU mit der Sowjetunion zu vergleichen nicht."

Die estnische Botschafterin in London, Tiina Intelmann, kritisierte den Vergleich ebenfalls. Das Sowjet-Regime sei brutal gewesen. "Ich habe darunter gelebt", twitterte sie. Der Vergleich sei beleidigend.

Auch der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen sprach am Montag in London von einem „unangemessenen Ton“. Der Sprecher von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, Margaritis Schinas, sagte: „Ich würde respektvoll sagen, dass wir alle davon profitieren würden – und insbesondere die Außenminister – von Zeit zu Zeit ein Geschichtsbuch zu öffnen.“ Der deutsche Europastaatsminister Michael Roth (SPD) twitterte: „Sorry, Jeremy Hunt, die EU ist kein Gefängnis.“

Röttgen warf aber auch Brüssel Defizite bei den Brexit-Gesprächen vor. „Bei der EU liegt die Schwäche darin, nicht souverän zu Kompromissen bereit zu sein“, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag vor Journalisten.

Auch Finanzminister Hammond forderte die EU auf, sich bei den Brexit-Gesprächen auf die Vorschläge aus London einzulassen. EU-Ratspräsident Donald Tusk liege falsch mit seinem Urteil, die Pläne würden nicht funktionieren, sagte Hammond. „Das ist, was die Leute 1878 über die Glühbirne gesagt haben.“

May will eine Freihandelszone mit der Europäischen Union für Waren, aber nicht für Dienstleistungen wie Bankgeschäfte. Dafür soll sich Großbritannien eng an Produktstandards und andere Regeln des EU-Binnenmarkts halten. Zollkontrollen am Ärmelkanal und zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland sollen durch ein kompliziertes System von gegenseitigen Absprachen verhindert werden.

Den sogenannten Chequers-Deal hatte May im Sommer gegen heftigen Widerstand in ihrem Kabinett durchgepeitscht. Nicht nur in Brüssel gibt es Vorbehalte; die britische Opposition und viele von Mays Parteifreunden halten den Plan für nicht umsetzbar. (dpa)

Zur Startseite