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Ralf Stegner, SPD-Landesvorsitzender im Landtag von Schleswig-Holstein.
© Bodo Marks/dpa
Update

Debatte um Verfassungsschutzpräsident: Empörung in der SPD über Maaßens Beförderung

Oppositionspolitiker haben den Wechsel des Verfassungsschutzchefs ins Innenministerium als "Mauschelei" bezeichnet. Aber auch aus der SPD kam deutliche Kritik.

Mehrere SPD-Politiker haben sich kritisch zur Versetzung Hans-Georg Maaßens ins Innenministerium geäußert. Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner bezeichnete den Wechsel als "Desaster". „Das ist eine grobe Fehleinschätzung, ein Desaster, das Duo Seehofer/Maaßen an der Spitze des Bundesinnenministeriums, zwei Leute, die jede Orientierung verloren haben“, sagte Stegner am Dienstagabend. Der Wechsel war zuvor bei einem Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und CSU-Chef Horst Seehofer auch von SPD-Chefin Andrea Nahles mitgetragen und gemeinsam veröffentlicht worden. 

„Das ist eine richtige Katastrophe“, meinte Stegner. „Den Teil, den die SPD beeinflussen konnte, hat sie mit Erfolg geschafft: Herr Maaßen ist nicht mehr Präsident des Verfassungsschutzes, er war dort zu einem Problem für die Demokratie geworden“, so Stegner. „Für die Personalfragen in den Ministerien sind die Parteien zuständig, hier wird nun aber der Bock zum Gärtner gemacht.“ Die Rochade ist für Maaßen sogar eine Beförderung. 

Die SPD hatte seit einer Woche auf die Ablösung Maaßens nach dessen relativierenden Aussagen zu Übergriffen auf Ausländer in Chemnitz gepocht - Innenminister und CSU-Chef Seehofer stützte Maaßen aber. Auch Merkel sah Maaßen Berichten zufolge kritisch - er hatte ihr in der Debatte, ob es „Hetzjagden“ in Chemnitz gab, widersprochen und gilt wie Seehofer als Kritiker ihrer Flüchtlingspolitik. Die Lösung dürfte die Koalition kaum befrieden - besonders in der SPD rumort es nun kräftig. 

Die stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende Natascha Kohnen fordert wegen der geplanten Beförderung die Entlassung von Innenminister Horst Seehofer (CSU). „Ich halte diesen Bundesinnenminister nicht mehr für tragbar“, sagte Kohnen, die auch Spitzenkandidatin der SPD bei der bayerischen Landtagswahl ist, am Dienstag in Nürnberg bei einer Veranstaltung der „Nürnberger Nachrichten“. Die Entscheidung, den umstrittenen Präsidenten des Bundesverfassungsschutzes zu befördern, belege das einmal mehr.

Opposition spricht von fatalem Signal

Kritik kam auch von Juso-Chef Kevin Kühnert. Er bezeichnete den Wechsel als „Schlag ins Gesicht“. „Ein Verfassungsschutzpräsident, der rechte Verschwörungstheorien verbreitet und verteidigt, ist offensichtlich ungeeignet für ein öffentliches Amt und gehört daher in den Ruhestand versetzt“, sagte der Vorsitzende der SPD-Nachwuchsorganisation der „Rheinischen Post“. Stattdessen sei Maaßen nun sogar befördert und in die Regierung berufen worden. „Das ist ein Schlag ins Gesicht all derer, die jeden Tag in voller Konsequenz Verantwortung für sich und ihr Handeln tragen.“

Kühnert stellte erneut die große Koalition insgesamt infrage: „Wenn die Arbeitsgrundlage dieser Koalition aber nur noch das Befinden der CSU ist, dann muss sich die SPD ganz klar die Sinnfrage stellen: Warum sollten wir jetzt noch Teil dieser Koalition bleiben?“ Festhalten könne man: Ohne die SPD wäre Maaßen immer noch Präsident des Verfassungsschutzes und eine Zumutung für unsere Demokratie. „Das war es dann aber leider auch schon.“

Erwartbarer war da die Kritik der Opposition: Aus Sicht der Grünen sendet der Wechsel ein fatales Signal. „Ich finde dieses Signal verheerend, weil das eine Beförderung ist“, sagte Irene Mihalic, Mitglied im Innenausschuss des Bundestages, am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Maaßen werde für seine zahlreichen Verfehlungen jetzt auch noch belohnt. Sollte der bisherige Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) auf seinem neuen Posten im Innenministerium künftig für Innere Sicherheit zuständig sein, wäre er zu allem Überfluss auch noch weiter für denselben Bereich verantwortlich.

Unterstützung dagegen von der CSU

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt nannte die Entscheidung der Regierung eine "unfassbare Mauschelei". Maaßens "illoyales Verhalten und Kuschelei mit der AfD" werde nun noch belohnt statt geahndet. Offenbar könne die Regierung "nicht mal mehr eine Personalie sauber lösen".

Auch weitere Oppositionspolitiker reagierte empört auf die Nachricht von Maaßens Jobwechsel. „Die Beförderung von Herrn Maaßen ist eine formelhafte Scheinlösung. Entweder man vertraut ihm oder nicht“, sagte FDP-Chef Christian Lindner über den Wechsel. „Das Theater offenbart am Ende nur, dass die Koalition keine Linie und keine Konsequenz hat. Am Ende gibt es nur Verlierer inklusive der Menschen, die diese Farce in jedem Fall nur mit Kopfschütteln verfolgen können“, erklärte Lindner.

Linskfraktionschef Dietmar Bartsch erklärte, es sei zwar gut so, dass Maaßen nicht mehr das BfV führen werde. Dass dieser nun aber "faktisch befördert" werde, sei "eine Farce". Der AfD-Fraktionsvorsitzende Alexander Gauland dagegen attestierte Maaßen, "der Bundesrepublik treu gedient" zu haben. Der "verdiente Behördenleiter" müsse gehen, weil er der Regierung "nicht genehm" gewesen sei.

Unterstützung für die Entscheidung kam dagegen von der CSU: Der Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag, Andrea Lindholz, hat die Beförderung von Verfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maaßen zum Staatssekretär im Innenministerium begrüßt. Lindholz sagte am Dienstag: „Im Sinne der Sicherheit in Deutschland begrüße ich es ausdrücklich, dass uns die unbestreitbare Kompetenz von Herrn Dr. Maaßen an herausragender Stelle erhalten bleibt.“ Die „parteitaktischen Spielchen auf Kosten der Sicherheitsbehörden“ müssten jetzt endlich ein Ende finden.

Lindholz sagte, es sei dennoch schade, dass Maaßen von seinem Dienstposten als Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz abzuberufen worden sei. Sie bedaure, dass dieser Schritt wegen eines Kommunikationsfehlers, den Maaßen selbst „ausdrücklich bedauert“ habe, notwendig geworden sei. Da „die teilweise unsäglichen und unbegründeten Anfeindungen“ gegen Maaßen dessen Amtsführung beeinträchtigt hätten, sei sein geplanter Wechsel ins Innenministerium aber nun eine gute Lösung. (dpa)

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