„Weckruf des Ozeans und des brennenden Waldes“: Emmanuel Macron inszeniert sich als Vorkämpfer für den Klimaschutz
Kurz vor dem G-7-Gipfel in Biarritz hält Frankreichs Präsident Macron eine eindringliche Rede zum Klimaschutz. Und kündigt konkrete Maßnahmen an.
Während sich US-Präsident Donald Trump noch im Anflug auf Biarritz befand, wandte sich der Gipfelgastgeber Emmanuel Macron bereits mit einer Fernsehansprache direkt an die Bevölkerung. „Wir müssen auf den Weckruf des Ozeans antworten, hier hinter mir in Biarritz, und auf den Ruf des Regenwaldes, der heute im Amazonasgebiet brennt“, erklärte Frankreichs Staatschef am Samstagmittag wenige Stunden vor der offiziellen Eröffnung des G-7-Gipfels an der Atlantikküste.
Damit machte Macron in eindringlicher Manier deutlich, dass er neben den klassischen G-7-Themen – den außenpolitischen Krisenherden Iran, Syrien, Libyen und der Ukraine und den zunehmenden handelspolitischen Verwerfungen in der Welt – den Klimaschutz ganz ins Zentrum des dreitägigen Gipfels stellen will.
Gleich zu Beginn seiner zehnminütigen Ansprache versuchte Macron die Kritik zu entkräften, der zufolge die Treffen der Staats- und Regierungschefs der sieben führenden westlichen Industrienationen angesichts von Trumps Extratouren an Bedeutung verloren haben. „Ich will, dass dieser G-7-Gipfel Nutzen bringt“, sagte er. Und als Beleg kündigte er an, dass sich die G-7-Staaten mit den Betreibern des maritimen Schiffsverkehrs dazu verpflichten werden, die Geschwindigkeit beim Transport auf den Meeren zu drosseln.
„Das ist eine echte Neuerung“ erklärte Macron und fügte hinzu, dass dies eine der wirksamsten Methoden sei, um Emissionen beispielsweise von Containerschiffen zu senken. Eine Initiative der G-7 kündigte Macron ebenfalls für die Textilindustrie an, die nach seinen Worten für 30 Prozent des Mülls in den Meeren und für acht Prozent des weltweiten Ausstoßes von Treibhausgasen verantwortlich ist. Auch dieser Sektor werde sich im Kampf für den Klimaschutz erstmals mit Zielvorgaben, die zu bestimmten Daten zu erreichen seien, engagieren, kündigte Macron etwas wolkig an.
Zudem vergaß es der Gipfelgastgeber nicht, auf die Proteste in der Nähe von Biarritz einzugehen. Am Samstag marschierten rund 9000 Gipfelgegner vom französischen Ort Hendaye über die spanische Grenze in die Ortschaft Irún.
Während es bei dieser Kundgebung keine Zwischenfälle gab, waren bei Ausschreitungen in der Nähe eines Protestcamps von G-7-Gegnern am Freitagabend vier Polizisten leicht verletzt worden. „Wir werden die großen Herausforderungen unserer Zeit meistern, indem wir zusammen handeln“, appellierte Frankreichs Staatschef an die Adresse der Demonstranten.
Macron umschmeichelt den US-Präsidenten
Noch vor Beginn des Gipfels zeigten sich Macron und Trump anschließend den Medienvertretern gemeinsam bei einem vertraulich wirkenden Tischgespräch ohne Übersetzer und Berater auf der Terrasse des Luxushotels „Hôtel du Palais“, wo das G-7-Treffen stattfindet. „You are a very special guest for us“, umschmeichelte der französische Präsident zu Beginn der Zweier-Begegnung seinen Gast in dessen Muttersprache. Der gab zurück, dass er mit Macron „eigentlich viel gemeinsam“ habe.
Ähnlich hatte sich Trump auch schon beim letzten G-7-Gipfel im Vorjahr in Kanada geäußert. Damals hatte er am Ende des Treffens in La Malbaie vor der Presse erklärt, dass er sein Verhältnis zu Macron, dem damaligen Gipfelgastgeber Justin Trudeau und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit zehn von zehn Punkten bewerte. Das hielt ihn allerdings nicht davon ab, sich anschließend nach seiner Abreise von der Abschlusserklärung des Gipfels zu distanzieren. Diesmal hatte Trump schon unmittelbar vor dem Treffen eine scharfe Drohung die Adresse Macrons ausgesprochen.
Als Gegenmaßnahme für die im Juli eingeführte Digitalsteuer drohte er den Franzosen mit Strafzöllen auf Wein, „wie sie es noch nie gesehen haben“. Die französische Digitalsteuer in Höhe von drei Prozent trifft nicht zuletzt die in den USA beheimateten Digitalriesen Google, Amazon, Facebook und Apple.
Vor dem gemeinsamen Abendessen im Kreis aller Staats- und Regierungschefs der G-7-Staaten traf sich Macron ebenfalls mit Merkel zu einem bilateralen Gespräch. Am Vortag hatte der französische Staatschef erklärt, die klimaschädlichen Zerstörung des Regenwaldes in Brasilien zum Gipfelthema zu machen.
Seit dem Amtsantritt des rechtspopulistischen brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro hat sich die Zahl der Waldbrände erhöht, mit denen Landwirte ihre Nutzfläche vergrößern wollen, die wiederum zum Export von Agrarprodukten wie Fleisch und Soja in Richtung EU gebraucht wird. Wegen der Brände droht Macron damit, das Mercosur-Freihandelsabkommen mit Brasilien und anderen lateinamerikanischen Staaten zu blockieren.
Streit um das Mercosur-Abkommen
Dabei kann er allerdings nicht auf Merkels Unterstützung setzen. Am Freitag hatte Regierungssprecher Steffen Seibert zwar erklärt, dass das Ausmaß der Brände „erschreckend und bedrohlich nicht nur für Brasilien, sondern für die ganze Welt“ sei. Allerdings möchte die Bundesregierung trotzdem am Mercosur-Abkommen festhalten, das noch nicht in Kraft getreten ist. EU-Ratschef Donald Tusk äußerte in Biarritz hingegen Verständnis für die französische Position.
Es sei „schwierig, sich einen harmonischen Ratifizierungsprozess vorzustellen, solange die brasilianische Regierung die Zerstörung der grünen Lunge des Planeten Erde zulässt“, sagte Tusk mit Blick auf das Freihandelsabkommen.