Aus dem Leben eines Abgeordneten (5): Eine Woche voller Highlights und Ärger über die Linke
Die Regierung steht und Sven Volmering sieht: Leute, mit denen er schon eng zusammengearbeitet hat, sind plötzlich CDU-General oder Staatssekretär. Das macht Lust auf mehr. Und wenn er sich ärgert, wird getwittert.
Drei Monate sind vergangen, seitdem Sven Volmering in den Bundestag gewählt worden ist, und jetzt, kurz vor Weihnachten, geht es richtig los. Am Dienstag ist Angela Merkel zum dritten Mal zur Bundeskanzlerin gewählt worden. Ein sehr besonderer Moment, Sven Volmering empfindet es als „eine Ehre“, dabei sein zu dürfen.
Weil ihm da noch einmal klar wird, was für eine Verantwortung der Job als Abgeordneter bedeutet. Und weil er, der Lehrer und Historiker, dann auch schnell an die Weimarer Republik und die Herrschaft der Nationalsozialisten denken muss. „Das macht demütig“, sagt er.
Eine kleine Szene am Rande der Wahl hat er beobachtet, als Manuela Schwesig und Heiko Maas von der SPD sich die Sitze auf der Regierungsbank anschauen und offensichtlich freuen, dort selbst jetzt Platz zu nehmen. Dass das „Leuten, die schon so viel erreicht haben“, immer noch so geht, das findet er „grundsympathisch“. Geärgert hat er sich aber auch und entsprechend getwittert: „Peinlich, dass große Teile der Linken es nicht einmal nach der Leistung des Amtseides der Kanzlerin schaffen zu applaudieren.“
Er selbst findet sich langsam aber sicher immer besser im Bundestagsablauf zurecht. Die Stimmzettel für die Kanzlerinnenwahl – am selben Ort zu haben wie bei der Bundestagspräsidentenwahl. Der Sitz im Plenum – da arbeitet sich Sven Volmering von den hinteren Reihen in die Mitte vor. Es gibt freie Platzwahl, nur ganz vorne sitzt natürlich die Fraktionsspitze. Einen Sitz reservieren, wie das manche Abgeordnete tun, nee, das macht er nicht. „Ich lege da kein Handtuch aus“, sagt er.
In seiner ersten kompletten Sitzungswoche hat sich „Highlight an Highlight“ gereiht, erzählt Sven Volmering am Telefon. Und das ist wörtlich zu verstehen, die Termine sind eng getaktet, frühmorgens geht es los, und um zehn Uhr abends hört es noch lange nicht auf. Fraktionssitzung, Landesgruppentreffen, Veranstaltungen mit Abgeordneten aus anderen Parteien - und am Donnerstag kam auch noch seine erste Besuchergruppe aus dem Wahlkreis Bottrop-Gladbeck-Dorsten. Die wollten schon am Nikolaustag anreisen, aber diese Pläne hat der Orkan „Xaver“ zerblasen.
Wie ist das als Bundestagsabgeordneter, wusste man da sehr viel früher als der normale Bürger, wer zum Beispiel in die Regierung kommt? „Natürlich wurde viel spekuliert, wer welchen Posten bekommt, sagt Sven Volmering. Aber: „Ursula von der Leyen als Verteidigungsministerin hat so niemand erwartet. Und Peter Tauber als CDU-Generalsekretär wohl auch nicht.“ Die Ernennung Peter Taubers findet er auch aus persönlichen Gründen „supergut“. Die beiden haben als Länderchefs der Jungen Union früher eng zusammengearbeitet. Mit dem CSU-Kollegen Stefan Müller, der jetzt Staatssekretär im Bildungsministerium ist, im Übrigen auch. Es gab da eine richtige Achse Bayern-Hessen-NRW.
Dass Leute, die man kennt, solche Posten bekommen, kann helfen, die eigenen Kontakte zu verbessern. Aber es sei auch toll, sagt Volmering, weil man weiß: „Das sind ganz normale Typen“. Peter Tauber zum Beispiel sei ein ganz großer Fußball-Fan – wie Volmering, der deshalb, das vermutet er jedenfalls, zu Weihnachten das Buch „111 Gründe, den VfB Stuttgart zu lieben“ bekommen wird. „Mal sehen“, sagt er, „ob ich da noch einen finde, den ich noch nicht kenne“.
Überhaupt, Weihnachten. Darauf freut er sich sehr. Nicht nur, weil er ein „ganz großer Weihnachstfan“ ist. Sondern weil er, wenn er jetzt nach Hause kommt, auch seine kleine Tochter Annalena wiedersieht. Denn Sven Volmering ist nicht nur Bundestagsabgeordneter, sondern vor einigen Wochen auch Vater geworden. Jetzt, wenn er aus Berlin zurück nach Hause fährt, darf es nach diesem langen, aufregenden Jahr für ein paar Tage ruhig werden, er kann sich „besinnen“, die Familie sehen.
Nach Silvester geht es allerdings schon wieder los. Erst mit Neujahrsempfängen und anderen Veranstaltungen im Wahlkreis und spätestens ab dem 13. Januar wieder in Berlin. Spätestens dann wird Sven Volmering auch wissen, ob er in den Bildungsausschuss gekommen ist. Dort möchte er als Lehrer am liebsten hin, auch, weil es dort um „die wichtigen Zukunftsfragen“ geht. Ein anderer Ausschuss wäre aber ebenfalls in Ordnung, sagt er, „ich lasse mich überraschen“.
Sven Volmering ist neugierig auf das, was 2014 kommt. Auch auf die Kollegen aus den anderen Fraktionen, die Fachpolitiker anderer Parteien. Er hofft auf viele neue Erfahrungen, auch auf der zwischenmenschlichen Ebene. Ihn interessiert, wie Menschen zu denjenigen werden, die sie sind, er möchte ihre Sozialisation kennenlernen. Und will wissen, warum zum Beispiel jemand Grüner geworden ist, Linker, oder eben Christdemokrat.
Alle Einträge aus dem Abgeordneten-Logbuch über Sven Volmering finden Sie hier.