Aus dem Leben eines Abgeordneten (3): Die Politik muss warten - das Kind ist da
Termine? Fraktionssitzung? Koalitionsverhandlungen? Von wegen. Sven Volmering ist Vater geworden und hat plötzlich ganz andere Prioritäten. Teil drei unseres Abgeordneten-Logbuchs.
Auf einmal ist das neue Abgeordnetenleben gar nicht mehr so wichtig. Sven Volmering sollte am Mittwoch eigentlich wieder in Berlin sein: Fraktionssitzung der Union. Es sollte um den Stand der Koalitionsverhandlungen mit der SPD gehen. Doch Annalena Johanna Charlotte hatte etwas dagegen. "Um 06.26 Uhr wurde sie geboren, wiegt 3405g, ist 52cm groß" schreibt Sven Volmering auf seiner Facebook-Seite und bei Twitter. Und dass dieses Ereignis "unendlich viel schöner" sei als politische Erfolg.
Die jüngste Volmering relativiert offenbar vieles. Der Abgeordnete, der über die Landesliste Nordrhein-Westfalens erstmals in den Bundestag einzog, wusste ja, dass es jeden Moment soweit sein könnte. Er unterrichtete die Kollegen von der bevorstehenden Geburt, bei der er unbedingt dabei sein wollte, und sagte Bescheid, dass er es vielleicht nicht würde einrichten können mit den Terminen und Sitzungen.
Aber nun, da es wirklich passiert ist, fällt es ihm sichtlich schwer, es zu begreifen. Sven Volmering postet bei Facebook ein Bild, das die Aussicht aus dem Fenster zeigt. "Das Gefühl, Vater zu werden und passend dazu die Sonne aufgehen zu sehen, ist eigentlich gar nicht zu beschreiben", textet er dazu. Seine Frau Judith und er ernten Glückwunsch um Glückwunsch. An das, was da womöglich gerade in Berlin passiert, ist angesichts von so viel Euphorie kaum zu denken.
Und, nur um das gleich mal klarzustellen: Obwohl der Vater sehr aktiv ist in sozialen Netzwerken ist, legt er seinem Nachwuchs weder ein Konto bei Facebook noch bei Twitter an. Auch Mitglied der Jungen Union und der CDU ist Annalena Johanna Charlotte noch nicht. Eine Sache allerdings kann sich Sven Volmering dann doch nicht verkneifen. Er meldet seine Tochter beim VfB Stuttgart an - kaum auf der Welt und schon Fußballfan. "Falls sie diesen Verein nicht mögen sollte, ist der Papa in Wirklichkeit auch nur scheinbar böse, weil er unendlich stolz auf sie ist", schreibt er.
Da sieht man es wieder: Der VfB Stuttgart ist sein Ding. Das kommt ein wenig skurril daher für jemanden aus dem Ruhrgebiet, wo es ganz andere erfolgreiche Klubs gibt. Aber als Sven Volmering ungefähr sechs Jahre alt war, gefiel ihm das Trikot der Stuttgarter so sehr, dass er nicht vorbeikam am VfB. Wann immer er es neben der politischen Arbeit und seinem Lehrerdasein geschafft hat, hat Sven Volmering sich die Spiele des Teams live im Stadion angeschaut.
Künftig wird er seltener dazu kommen. Denn jetzt ist da ja nicht nur seine neue Tätigkeit als Bundestagsabgeordneter, sondern auch - und vor allem - die kleine Tochter.
Katrin Schulze