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Alles für die Show: Donald Trump, hier vor der Rede seiner Frau, Melania Trump, am zweiten Tag des republikanischen Parteitags.
© Michael Reynolds/imago

Zweite Nacht des Republikanischen Parteitags: Eine Show auf Kosten der Amerikaner

Donald Trump plant nicht, der Präsident aller Amerikaner zu sein. Vielmehr heizt er seine Basis für den Protest nach einer Niederlage auf. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Tilman Schröter

Es geht aufwärts mit den Vereinigten Staaten. Die Corona-Pandemie war schlimm, aber langsam ist es auch mal gut. Nun gilt es, die linksextremen, kommunistischen Demokraten von der Macht fernzuhalten.

So könnte man die zweite Nacht des republikanischen Parteitags zusammenfassen, die einmal mehr gezeigt hat: Der amerikanische Präsident und seine Getreuen haben eine Phantasiewelt gezimmert, ziehen eine Show für die eigene Basis ab – und gefährden durch ihre Realitätsverweigerung die Bürger des Landes.

Zum Beispiel Donald Trumps Wirtschaftsberater Larry Kudlow. Dieser durfte am zweiten Abend des republikanischen Parteitags einen Slot mit Redezeit füllen. Dabei sprach er im Stile eines Märchenerzählers als wäre die Pandemie bereits vorbei.

„Es war schlimm. Die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Einschläge waren tragisch, Not und Kummer waren allgegenwärtig.“ Und doch lebten sie glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende, möchte man anfügen.

Dass sich täglich immer noch über 40.000 Amerikaner mit dem Coronavirus infizieren erwähnt er ebenso wenig wie die über 178.000 Todesfälle.

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Von allen Rednern sprach einzig die First Lady, Melania Trump, in Ansätzen empathisch über die Coronapandemie.

Ihr „tiefstes Mitgefühl“ sprach sie dienjenigen aus, die durch das Virus einen Angehörigen verloren haben. Das war es dann aber auch schon mit Realität. Sie wolle die Gegner ihres Mannes nicht weiter attackieren. „Durch solche Worte wird das Land nur weiter gespalten.“

Sie zeichnete Trump als jemanden, der sage, was er denke, und dass das eben nicht allen gefalle. „Wir verdienen totale Ehrlichkeit von unserem Präsidenten“. Ob ihre Redenschreiber beim Verfassen dieser Worte sehr laut lachen oder sehr stark weinen mussten, ist nicht überliefert.

Trump lässt beim Parteitag jeglichen Anstand fallen

Und doch passt auch das ins Konzept. Beim Parteitag, bei der Show, die Donald Trump abzieht, geht es nie um eine Idee für das Land, wird jeglicher Anstand fallengelassen, es gelten keine Regeln mehr. Auch das Staatsamt wird für den Wahlkampf missbraucht.

Außenminister Mike Pompeo wird als Wahlkämpfer aus Jerusalem zugeschaltet? Klar, er macht das ja als Privatperson (und könnte nun eine Untersuchung durch den Kongress am Hals haben, da er durch seinen Auftritt Gesetze gebrochen haben könnte).

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Der eklatante Missbrauch der Staatsämter machte einmal mehr überdeutlich klar, dass Trump nicht im entferntesten plant, Präsident aller Amerikaner zu sein – und dass es schon gar nicht um die Präsentation einer politischen Agenda geht.

Ein Plan für das Bekämpfen der Pandemie wurde ebenso wenig erwähnt wie einer, der die USA aus der massiven Wirtschaftskrise herausführt. Geschweige denn, dass die Unruhen in Folge der „Black Lives Matter“-Bewegung Erwähnung fanden.

Der ganze Parteitag ist nur auf ein Ziel ausgerichtet: Trumps Anhänger so aufzuheizen, dass er im Falle einer knappen Niederlage genug Drohkulisse auffahren kann, wenn er behauptet, die Wahl sei gefälscht worden. Es geht nur um den Sieg, nie ums Land - und alles auf Kosten der Amerikaner.

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