Streit zwischen Macron und Bolsonaro: Eine Posse mit fatalen Folgen
„Erst muss er sich entschuldigen“: Brasiliens Präsident liefert sich einen kindlich wirkenden Streit mit seinem französischen Kollegen – zulasten des Amazonas'.
Der Kampf gegen die verheerenden Brände in der Amazonas-Region wird gebremst von der Privatfehde der Präsidenten Brasiliens und Frankreichs. Nachdem der französische Staatschef Emmanuel Macron beim G-7-Gipfel Soforthilfen zum Löschen angekündigt hatte, wies der rechtspopulistische Präsident Brasiliens, Jair Bolsonaro, die Zusagen in Höhe von 20 Millionen Euro vorerst zurück.
Macron habe ihn einen Lügner genannt und die Souveränität Brasiliens über die Amazonasregion bedroht, sagte Bolsonaro in Brasília. „Er muss erst seine Beleidigungen zurücknehmen.“ Dann könne man über Hilfen sprechen.
Mit Blick auf Macrons Äußerung, die Amazonasregion sei „Gemeingut“, und seine Warnung, dass „unser Haus brennt“, warf Bolsonaro ihm erneut vor, die Regenwaldregion als Kolonie oder Niemandsland anzusehen. Bolsonaros Kabinettschef Onyx Lorenzoni betonte: „Macron schafft es nicht einmal, einen vorhersehbaren Brand in einer Kirche zu verhindern, die Teil des Welterbes ist. Er will uns Lektionen für unser Land erteilen?“.
Lorenzoni spielte damit auf das Feuer in der Kathedrale Notre-Dame an. „Brasilien ist eine demokratische und freie Nation.“ Bolsonaro machte sich zudem über Macrons 24 Jahre ältere Frau lustig, seine eigene ist 26 Jahre jünger.
Was wie eine Posse wirkt, hat in der Realität fatale Folgen: Bolsonaro, der US-Präsident Donald Trump als Vorbild sieht, schaltet auf stur. Zwar hat er Zehntausende Soldaten in die Region geschickt und mehrere Löschflugzeuge sind im Einsatz, aber es stellt sich die Frage, ob Bolsonaro nach einem Löschen der Brände bereit ist, stärkeren internationalen Waldschutz-Verpflichtungen nachzukommen.
Auch Macron muss sich fragen lassen, ob das Anprangern Brasiliens der Sache dienlich war. Denn es brennt auch in der Amazonasregion Boliviens, regiert vom Linkspopulisten Evo Morales; auch hier gibt es Brandrodungen, um Rohstoffe abzubauen und um Weide- und Ackerflächen zu schaffen.
Nicht an gemeinsamen Lösung interessiert
Zugleich sind Angaben, dass der feuchttropische Regenwald in Flammen stehe, irreführend – viele Flammen lodern nach Angaben von Klimaforschern auf schon gerodeten Flächen, um Baumstümpfe zu zerstören. Doch oft greifen Brände über – so frisst sich der Waldverlust wie ein Krebsgeschwür voran.
„Die Umweltkrise zeigt, dass die globalen Folgen der Souveränität Grenzen aufzeigen“, schreibt die Zeitung „Folha de S.Paulo“. Der Regenwald in Brasilien nimmt große Mengen an Treibhausgasen auf und wird wegen seiner Sauerstoffproduktion und der Regulierungswirkung für das Weltklima als „grüne Lunge der Welt“ bezeichnet.
Kanzlerin Angela Merkel hatte es beim G-7-Gipfel diplomatischer als Macron formuliert: „Es ist natürlich brasilianisches Territorium, aber wir haben hier eine Frage der Regenwälder, die wirklich eine globale Frage ist. Die Lunge unserer gesamten Erde ist betroffen. Deshalb müssen wir auch gemeinsame Lösungen finden.“
Ähnlich wie Trump, der das Pariser Weltklimaabkommen aufgekündigt hat, ist auch Bolsonaro bisher nicht an gemeinsamen Lösungen interessiert. Auf dem Papier hat er zwar zugesichert, dass die illegalen Abholzungen und Brandrodungen bis 2030 auf null zurückgefahren werden sollen. Aber bisher lässt er der Agrarlobby freie Hand.
Damit wächst der Druck auf die Bundesregierung, sich klarer zu positionieren. Am deutlichsten war bisher Umweltministerin Svenja Schulze (SPD), die Klimaprojekte mit einem Volumen von 35Millionen Euro auf Eis legen ließ. Christoph Stolper, Vize-Chef des Bundes für Umweltschutz und Natur Deutschland, fordert ein Aus für das mit dem Mercosur-Bündnis (Brasilien, Argentinien, Uruguay, Paraguay) geplante EU-Freihandelsabkommen.
„Das Abkommen wirkt als Brandbeschleuniger“, meint Stolper. Es werde die Soja- und Rindfleischexporte weiter ankurbeln, „die schon heute die Tropenwälder zerstören“. Die Bundesregierung müsse sich wie Frankreich klar gegen das Abkommen positionieren, „anstatt Krokodilstränen zu vergießen“.