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Was steht uns noch bevor? Der Kampf gegen Corona ist noch lange nicht zu Ende.
© Imago

Corona-Variante Omikron: Eine Impfpflicht wird nicht genügen

Deutschland muss aus dem katastrophalen Umgang mit der vierten Welle dringend lernen. Am Ende hilft nur eines: Vernunft. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Sascha Karberg

Virologen appellierten, Epidemiologinnen rechneten vor, die Weltgesundheitsorganisation warnte: „Niemand ist sicher, solange nicht alle geschützt sind“, wiederholte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus monatelang immer wieder und mahnte, Länder mit niedrigem Einkommen bei der Verteilung der Covid-Vakzine nicht im Stich zu lassen. Es hat nichts genützt.

In Südafrika, einem mit Impfstoffen und internationaler Solidarität chronisch unterversorgten Gebiet der Welt, ist eine Virusvariante entdeckt worden, die die Ansteckungsfähigkeit von Delta wohl weit übertrifft: B1.1.529, inzwischen „Omikron“ genannt. Außer in Südafrika, wo keine 25 Prozent der Bevölkerung geimpft sind, kommt sie schon in den afrikanischen Nachbarländern, aber auch in Hongkong, Israel und Belgien vor – und auch bereits in Deutschland.

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Zwar spricht bislang nichts dafür, dass Omikron die Infizierten kränker macht, dass sie schneller als Delta-Infizierte erkranken oder gar häufiger sterben. Wohl aber befürchten Experten, dass die bisherigen Impfstoffe nicht mehr so gut vor schwerer Erkrankung schützen könnten.

Ist der Kampf nun verloren? Waren all die Maßnahmen, Einschränkungen, Entbehrungen vergeblich? Keinesfalls!

Eine achtsame, sich vernünftig und solidarisch verhaltende Gesellschaft kann auch Omikron, und alles was da sonst noch kommen mag, in Schach halten.

Entscheidend ist nicht Technik - sondern Vernunft

Sicher werden die Impfstoffe auch gegen Omikron eine gewisse Wirkung zeigen. Und wenn Forscherinnen und Forscher mithilfe der einschlägigen Tests in den nächsten Wochen herausfinden, dass eine Anpassung der Vakzine, ein Upgrade, nötig ist, dann wird sich das – der mRNA-Technologie sei dank – binnen weniger Monate realisieren lassen.

Doch wenn sich eines aus dem – katastrophalen – Umgang mit der vierten Welle lernen lässt: Impfstoffe, Medikamente und was wir sonst noch erfinden, all das ist wichtig und muss global gerecht verteilt werden. Aber entscheidend ist Technik nicht. Der Eindämmungsfaktor Nummer eins in dieser Pandemie ist und bleibt Vernunft – das rationale, faktenbasierte Verhalten der Menschen und ihrer Regierungen. Wenn das fehlt, helfen die besten Technologien nichts.

[Mehr zum Thema: Ansteckungsrate steigt rasch - Neue Coronavirus-Variante trifft vor allem Südafrikas junge Menschen (T+)]

Wenn sich in Deutschland viel zu viele Menschen, aus welchen unvernünftigen Gründen auch immer, nicht selbst für eine Impfung entscheiden, dann ist ein vernünftiger Staat irgendwann zum Zwingen gezwungen – um die Freiheit aller zu erhalten und das Funktionieren der Gesellschaft zu ermöglichen. Aber selbst eine allgemeine Impfpflicht wird nicht reichen, nicht gegen Delta, nicht gegen Omikron.

Denn nur eine Gesellschaft, die bereit ist, im entscheidenden Moment vernünftig und solidarisch zu handeln, also etwa Kontaktbeschränkungen mitzutragen und die – finanziellen, sozialen – Folgen bestmöglich auszugleichen, wird die Zahl der Ansteckungen und schweren Erkrankungen gering genug halten können. Das erfahren wir gerade in der Delta-Welle, das wird auch für eine Omikron-Welle gelten.

Wenn Krisen auch Chancen sind, dann ist das hier eine, die uns die Folgen eines egozentrischen, individualistischen Freiheitsnarzissmus brutal, aber vielleicht heilsam vor Augen führt. Sie kann uns den Weg weisen in eine empathischere, die Freiheit aller berücksichtigende, solidarischere Zukunft. Man muss ihn nur gehen wollen.

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