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Als die Staats- und Regierungschefs der G20 in Brisbane in Australien eintrafen, waren die Demonstranten schon da. Diese jungen Leute steckten den Kopf in den Sand. Das werfen sie auch ihrem Premierminister Tony Abbot vor, der bestreitet, dass es den Klimawandel überhaupt gibt.
© Reuters

20. UN-Klimagipfel in Lima: Eine Chance ist eine Chance

Die USA, China und die Europäische Union haben ihre Klimaziele genannt. Das hilft dem Gipfel. Zwar ist der Ehrgeiz der Staaten noch nicht groß genug, um die globale Erwärmung unter zwei Grad zu halten. Aber die Bedingungen sind besser als seit langer Zeit.

Mit dem 20. Klimagipfel der Vereinten Nationen, der am Montag in Lima/Peru beginnt, biegt der internationale Verhandlungsprozess auf die Zielgerade ein. Ein Jahr später soll in Paris ein neues Klimaabkommen beschlossen werden, das alle Staaten zu Klimaschutz und zur Finanzierung der Anpassung an den Klimawandel verpflichten soll. In Lima wird der Text erarbeitet, der die Grundlage für den Pariser Vertrag werden soll. Die entscheidenden Weichen für einen Erfolg in Paris werden in der zweiten Woche gestellt, wenn die Umweltminister anreisen werden.

Die Verhandlungslage ist besser denn je seit dem spektakulär gescheiterten Klimagipfel in Kopenhagen 2009. Inzwischen ist sich die Welt zumindest darin einig, wo sie hin will. Der „gefährliche Klimawandel“, der vermieden werden soll, wie das in der Klimarahmenkonvention 1992 beim Weltgipfel in Rio schon beschlossen wurde, wird inzwischen als eine globale Erwärmung um mehr als zwei Grad im Vergleich zum Beginn der Industrialisierung definiert. Das Zwei-Grad-Ziel ist mehrfach beschlossen worden und kann als internationaler Konsens gewertet werden.

Der Bericht des Weltklimarats (IPCC), der seit dem vergangenen Herbst in drei Teilen die gesicherten Erkenntnisse der Klimaforschung zusammengetragen hat, hat den Verhandlungen noch mehr Dringlichkeit gegeben. Der Klimagipfel, zu dem UN-Generalsekretär Ban Ki Moon im September nach New York eingeladen hatte, und zu dem mehr als 120 Staats- und Regierungschefs angereisten – nicht aber Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) – hat die politische Dringlichkeit ebenfalls stark herausgestellt. Dort haben viele Staaten bereits kundgetan, wie weit sie beim Klimaschutz gehen wollen.

Der Chef des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung, Hans Joachim Schellnhuber sagt: „Die Stabilisierung des Klimas und die Bekämpfung der Armut sind im Wesentlichen ein und dasselbe."
Der Chef des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung, Hans Joachim Schellnhuber sagt: „Die Stabilisierung des Klimas und die Bekämpfung der Armut sind im Wesentlichen ein und dasselbe."
© Thilo Rückeis

Die Verhandlungen haben darüber hinaus in den vergangenen zwei Monaten einen weiteren Schub bekommen. Zunächst entschied der EU-Gipfel im Oktober, dass die Europäische Union ihren Treibhausgasausstoß bis 2030 um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 senken will. Das Ziel ist verbindlich und jedes Land in der EU hat dazu beizutragen. Das ist zwar weniger ehrgeizig, als sich das einige Mitgliedsländer, auch Deutschland, gewünscht hatten. Aber es ist ein glaubwürdiges Angebot, weil die EU auch ihr Klimaziel bis 2020 erreichen wird. Noch bedeutsamer ist aber, dass der amerikanische Präsident Barack Obama und sein chinesischer Kollege Xi Jinping im November gemeinsam vor die Weltpresse getreten sind, um ihre klimapolitischen Ambitionen bekannt zu machen. Das ist ein Signal an Länder wie Kanada, das wegen seines Ölbooms durch die Förderung von Ölsanden aus dem Kyoto-Protokoll ausgestiegen ist, oder Australien, das derzeit von einem Premierminister regiert wird, der den Klimawandel leugnet, Tony Abbot, sich anzuschließen. Es ist aber auch ein Signal an andere Schwellenländer, sich auf verbindliche Aussagen zum Klimaschutz einzulassen. China hat zum ersten Mal in zwei Jahrzehnten Klimadiplomatie eine verbindliche Zusage zum Klimaschutz gemacht. Das ist neu – und kann den Verhandlungen bis Paris einen wichtigen Schub geben.

Nun sind die Angebote der USA und Chinas noch nicht ehrgeizig genug, um dem Zwei-Grad-Ziel tatsächlich nahezukommen. Aber die Tatsache, dass sich mit den USA, China und der EU immerhin diejenigen, die für 55 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich sind, zu ihrer Verantwortung bekennen, könnte in einem zweiten Schritt auch das Ambitionsniveau noch erhöhen.

Perus Prsäsident Ollanta Humala und sei Umweltminister Javier Pulgar (von links) hoffen, dass der Klimagipfel in Lima ein Erfolg wird. An ihrer Seite steht die Generalsekretärin des UN-Klimasekretariats, Christiana Figueres. Sie war einmal Umweltministerin in Costa Rica und kennt die Lage in Mittel- und Südamerika genau.
Perus Prsäsident Ollanta Humala und sei Umweltminister Javier Pulgar (von links) hoffen, dass der Klimagipfel in Lima ein Erfolg wird. An ihrer Seite steht die Generalsekretärin des UN-Klimasekretariats, Christiana Figueres. Sie war einmal Umweltministerin in Costa Rica und kennt die Lage in Mittel- und Südamerika genau.
© dpa

Barack Obama versprach, dass die USA ihren Treibhausgasausstoß bis 2050 um 80 Prozent im Vergleich zu 1990 senken werden. Bis 2025 wollen die USA ihren CO2-Ausstoß um 26 bis 28 Prozent im Vergleich zu 2005 senken (14 bis 16 Prozent im Vergleich zu 1990). In den vergangenen fünf Jahren sank der CO2-Ausstoß der USA zum ersten Mal. Das verdankt sich vor allem der Wirtschaftskrise, die auf die Finanzkrise 2008 folgte und dem gleichzeitig einsetzenden Schiefergasboom. Obama setzte 2008 alle Umweltgesetze außer Kraft, um den Frackingboom zu ermöglichen. Bei unzähligen Bohrungen wird seither viel Wasser mit Sand und einem Chemikalienmix unter hohem Druck in den Untergrund verpresst. So wird Gestein aufgesprengt, um Gas und Öl, das in kleinen Depots gelagert ist, zu fördern. Dazu kommt, dass mit der Horizontalbohrtechnik noch eine weitere Technologie dazugekommen ist, die die Förderung solch unkonventioneller Öl- und Gasvorräte ermöglicht hat. Doch will Obama sein Versprechen halten, muss er nun eine ernst zu nehmende amerikanische Klimapolitik auf den Weg bringen.

Xi Jinping versprach, dass China spätestens nach 2030 seine Emissionen mindern wird. Bis dahin sollen 20 Prozent der Energieversorgung aus nicht-fossilen Quellen stammen. Das ist eine Verdopplung des Anteils erneuerbarer und atomarer Energie im Vergleich zu heute. Schon heute investiert China mehr Geld in erneuerbare Energien als jede andere Volkswirtschaft der Welt.

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