Deutschland und die Kurden: Ein Kurdenstaat? So war das nicht gemeint
Iraks Kurden wurden durch tätige deutsche Aufrüstung stark, ihr Unabhängigkeitswille wuchs. Das führt zu gefährlichen Spannungen. Ein Kommentar.
Wer im Nahen Osten eingreift, hat meist nur die Wahl zwischen Kalamität und Chaos. Vor drei Jahren beschloss der Bundestag, die Kurden im Norden des Irak aufzurüsten. Panzerbrechende Raketen, Sturm- und Maschinengewehre, Handgranaten – alles, was die Peschmerga im Kampf gegen den „Islamischen Staat“ (IS) brauchten, war dabei. Der Erfolg rechtfertigte die Maßnahme: Die IS-Terrormilizen wurden zurückgeschlagen, Tausende Jesiden vor Folter und Mord gerettet.
Die unerwünschten Nebeneffekte wurden jedoch lange Zeit ignoriert. Nicht nur hatte Deutschland mit dem Tabu gebrochen, keine Waffen in Kriegsregionen zu liefern, sondern auch den Nato-Partner Türkei verprellt. Nicht nur wurde die Unterscheidung zwischen den guten Peschmerga und der böser PKK, die in Deutschland als Terrorvereinigung eingestuft wird, unglaubwürdig, sondern auch die Beziehungen zur irakischen Zentralregierung verschlechtert; Bagdad lehnt einen Kurdenstaat ebenso ab wie Ankara. Nicht nur landeten deutsche Waffen bald auf dem Basar und fielen IS-Dschihadisten in die Hände, sondern Teile der Peschmerga richteten sie auch gegen jesidische Kämpfer.
Ein Plan steckt freilich nicht dahinter, geschweige denn eine Strategie
Alles hat eben seinen Preis. In dem Maße, wie die Kurden durch tätige deutsche Aufrüstung mächtiger wurden, wuchs ihr Unabhängigkeitswille. Der kulminierte vor drei Wochen in einem Referendum, in dem die große Mehrheit des Volkes für die Souveränität stimmte. Das wiederum rief die irakische Zentralregierung auf den Plan, die ihre Truppen entsandte, um die wichtige Öl-Stadt Kirkuk zurückzuerobern.
Die Bundeswehr hat nun ihr Training für die Peschmerga-Kämpfer ausgesetzt. Ein Plan steckt freilich nicht dahinter, geschweige denn eine Strategie. Was Deutschland noch tun könnte, wäre mäßigend auf seine kurdischen Verbündeten einzuwirken, durch die Botschaft: Das Selbstbestimmungsrecht der Völker ist ein hohes Gut, die Unverletzlichkeit international anerkannter Staatsgrenzen aber auch.