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Michael Bloomberg
© Brian Snyder/File Photo/REUTERS

Michael Bloomberg will Präsident werden: Ein Kandidat, der Trump schlagen könnte

Der Ex-Bürgermeister von New York ist ein Angebot an alle, die Trump unbedingt loswerden wollen. Doch erst muss er Linke und Schwarze überzeugen. Ein Kommentar.

Wie ticken US-Wähler, deren Hauptziel es ist, Donald Trump los zu werden? Wer wäre aus ihrer Sicht die oder der Richtige, um den amtierenden Präsidenten herauszufordern und zu besiegen? Das bisherige Kandidatenfeld der Demokraten löst bei diesen Wählern keine Begeisterung aus. An sie wendet sich Michael Bloomberg, der langjährige Bürgermeister von New York, mit dem selbstbewussten Spruch "A New Choice for Democrats".

"Donald Trump zu besiegen – und Amerika wiederherzustellen –, das ist der dinglichste und wichtigste Kampf unseres Lebens", begründet der Milliardär, der sein Vermögen mit Börseninformationsdiensten gemacht hat, seine Bewerbung. "Ich kämpfe mit allem, was ich habe. Ich biete mich selbst an als einer, der nicht schwätzt, sondern anpackt und Probleme löst. Der bereit ist, die harten Auseinandersetzungen zu führen. Und sie zu gewinnen."

Er tritt ungewöhnlich spät in ein Ausscheidungsrennen ein, das vor mehr als einem halben Jahr mit 25 Bewerberinnen und Bewerbern begonnen hat. In mehreren Fernsehdebatten ist mehr als die Hälfte von ihnen ausgesiebt worden. Fünf oder sechs können sich noch ernsthafte Hoffnungen machen, die Nominierung zu gewinnen. In gut zwei Monaten stehen in Iowa und New Hampshire die ersten der 50 Vorwahlen an, in denen die Bürger den Spitzenkandidaten der Demokraten auswählen.  

Da bedeutet Bloombergs später Entschluss, gegen die verbliebenen Bewerber anzutreten, vor allem ein vernichtendes Urteil über dieses Kandidatenfeld. Offenbar traut er den aktuellen Favoritinnen und Favoriten keinen sicheren Sieg über Trump zu.

Joe Biden, der in den nationalen Umfragen führt? Der 77-Jährige, der von 2009 bis 2017 Barack Obamas US-Vizepräsident war, wirkt zu großväterlich. "Sleepy Joe", wie Trump ihn nennt, lässt die nötige Energie und Ausstrahlung vermissen, um potenzielle Wähler der Demokraten so massenhaft zu mobilisieren, wie Trump das bei seinen Anhängern gelingt.

Vernichtendes Urteil über aktuelles Bewerberfeld

Die Nummern zwei und drei in den Umfragen, der 78-jährige Bernie Sanders, der sich selbst als Sozialist bezeichnet, und die 70-jährige Verbraucherschützerin Elizabeth Warren, sind nach Bloombergs Einschätzung zu links.

Ihre Ideen spürbarer Steuererhöhungen, schärferer Regulierungen der Wirtschaft und einer Ausweitung der Krankenversicherung kommen zwar in den Metropolen an der Ost- und der Westküste gut an; dort liegen die Hochburgen der Progressiven. Aber die parteiunabhängigen Wähler in der Mitte der Gesellschaft und die wahlentscheidenden "Swing States" in der weiten Fläche zwischen den Küsten würden sich dann, so kalkulieren einige Beobachter, wohl eher für Trump entscheiden.

Unter Trump läuft die Wirtschaft gut. Der Durchschnittsamerikaner möchte keinen Wachstumseinbruch durch linken Dirigismus riskieren.

Gegen den neuen Liebling demokratischer Herzen Pete Buttigieg, der im ersten Vorwahlstaat Iowa neuerdings die Umfragen anführt und Biden den Favoritenstatus dort streitig macht, spricht zweierlei. Erstens hat der Bürgermeister von South Bend, einer Bezirksstadt mit gerade einmal 101.000 Einwohnern in Indiana, wenig Erfahrung in der nationalen und internationalen Politik und ist mit 37 Jahren ungewöhnlich jung für das höchste Amt. Zweitens ist er schwul. Sind die USA bereit für einen "Gay President"?

"Electability" schlägt Nähe zum Parteiprogramm

Gewiss doch, die demokratische Basis wünscht sich eine ideologische Wende nach Links nach vier Jahren Trump. Noch größer aber dürfte die Zahl derer sein, denen es noch wichtiger ist, Trump garantiert aus dem Weißen Haus zu jagen. "Electability", die Wahrscheinlichkeit, dass der Spitzenkandidat in der Hauptwahl deutlich mehr Wähler anzieht als Trump, ist ihnen noch wichtiger als die ideologische Nähe zum Wunschprogramm der Partei.

Das alles spricht für Bloombergs Chancen. Geld hat er genug. Sein Erfolg hängt nicht davon ab, ob er ausreichend Spenden einwerben kann, um seinen Wahlkampf zu finanzieren. Und landesweite Bekanntheit hat er sich als Bürgermeister von New York erarbeitet.

Bloombergs riskante Strategie

Risikolos ist seine Bewerbung dennoch nicht. Er ist 77 Jahre alt, erfüllt also die Sehnsucht nicht, dass doch bitte eine jüngere Person die USA in die Zukunft führen sollte als einer aus dem Greisen-Quartett Trump (74), Biden (77), Sanders (78) und Warren (70). Bloomberg wird auf Zurückhaltung bei zwei wichtigen Wählergruppen der Demokraten stoßen, den Afroamerikanern und den Latinos. Kritiker halten ihm vor, dass er als Bürgermeister vom New York eine Kriminalitätsbekämpfung favorisierte, die Nicht-Weiße diskriminierte. 

Und seine Strategie für die Nominierung für die Präsidentschaftskandidat der Demokraten enthält einige Hürden. Auf große Erfolge in den vier frühen Vorwahlstaaten, die einer Kandidatur nach aller Erfahrung den nötigen Rückenwind verleihen, kann er nicht hoffen. In Iowa dominieren weiße Farmer, in South Carolina die Schwarzen, im Casino-Staat Nevada Latinos. Allenfalls im Ostküstenstaat New Hampshire, einige hundert Meilen nördlich von seiner Heimat New York, kann Bloomberg auf eine gute Platzierung hoffen. 

Sein Schlüssel zum Erfolg ist der Super Tuesday am 3. März. Dann stehen in 15 unterschiedlichen Staaten quer durch die USA zugleich Vorwahlen an, von Maine im Norden bis Texas im Süden, von Virginia im Osten bis Kalifornien im Westen. Falls Bloomberg dann seine Finanz- und Organisationskraft beweist, kann er sich an die Spitze setzen. Wenn nicht, dürfte es mit dem "New Choice for Democrats" vorbei sein.

Christoph von Marschall

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