Neue EU-Kommission: Ein Job für zwei
Der künftige EU-Digitalkommissar Günther Oettinger bekommt in Brüssel einen Aufpasser. Welchen Einfluss der Este Andrus Ansip wirklich hat, muss sich aber noch zeigen.
Viel Macht für die Kleinen – so sieht es auf den ersten Blick aus, wenn man sich die neue Struktur der künftigen EU-Kommission unter der Führung von Jean-Claude Juncker anschaut. Sieben Vizepräsidenten gibt es in der neuen Kommission. Die Posten haben vorrangig kleinere EU-Länder wie Bulgarien, Estland, Slowenien und Lettland ergattert. Die Vizepräsidenten haben in dem Gremium eine herausgehobene Stellung und sollen verhindern, dass die „normalen“ Kommissare nebeneinander vor sich hinwerkeln, ohne sich miteinander abzusprechen.
Im Fall des deutschen EU-Kommissars Günther Oettinger, der künftig für die Digitalwirtschaft zuständig sein wird, bedeutet dies, dass er den früheren estnischen Regierungschef Andrus Ansip als Aufpasser zur Seite gestellt bekommt. Ob nun der Digitalkommissar Oettinger oder der ebenfalls für den digitalen Binnenmarkt zuständige Ansip in Brüssel den größeren Einfluss entfalten wird, ist noch nicht ausgemacht.
Dass das Machtgefüge innerhalb der neuen EU-Kommission derzeit vor allem noch ein Feld für Spekulationen ist, hängt mit der neuen Arbeitsweise des Gremiums unter dem Luxemburger Juncker zusammen: Anders als bisher verfügen die Vizepräsidenten nicht mehr über eigene Ressorts, sondern sie sollen die Arbeit der untergeordneten Kommissare auf verschiedenen Feldern koordinieren. Junckers sieben Stellvertreter sollen die Arbeit in den Bereichen Wachstum, Währung, Energie-Union, digitaler Binnenmarkt und Haushalt abstimmen. Noch ein bisschen wichtiger als die übrigen Vizes ist der bisherige niederländische Außenminister Frans Timmermans. Mit dem ihm eigenen Humor hatte Juncker bei der Vorstellung seines neuen Teams erklärt, der Niederländer Timmermans solle ihn „physisch oder mental“ vertreten, wenn er nicht anwesend sein könne. Einen Sonderfall stellt schließlich die italienische Außenbeauftragte Federica Mogherini dar, die als Vizechefin in der Kommission zwar über ein eigenes Ressort verfügt, aber gleichzeitig auch den EU-Mitgliedstaaten zugeordnet ist.
Wie sich das neue System aus Kommissaren mit Ressortbezug und Vize-Chefs mit Koordinierungsfunktion in der Praxis bewährt, muss sich noch zeigen. Juncker stellte für sich selbst jedenfalls schon einmal klar, er wolle „in höherem Alter keine Karriere als Diktator beginnen“. Die Bemerkung kann durchaus auch als Hinweis an seine Stellvertreter verstanden werden, ihre herausgehobene Stellung nicht über Gebühr zu strapazieren. Eine entscheidende Rolle spielen im Brüsseler Räderwerk nämlich die sogenannten Generaldirektionen, die den jeweiligen Kommissaren zuarbeiten. Bei Oettinger, der unter anderem für die Generaldirektionen Kommunikationsnetze, Inhalte und Technologien zuständig sein wird, hat auch der Este Ansip nach den Angaben von EU-Beamten theoretisch Zugriff auf den Apparat. Die regelmäßigen Sitzungen mit der Generaldirektion werde allerdings wohl Oettinger leiten.
Derweil ging auch am Donnerstag die Diskussion um den Briten Jonathan Hill, dem Juncker das Ressort für Finanzdienste zugeteilt hatte, und den künftigen französischen Währungskommissar Pierre Moscovici weiter. Kritiker warfen Juncker vor, in beiden Fällen „den Bock zum Gärtner“ gemacht zu haben, da Großbritannien an scharfen Regulierungen des Finanzmarktes genauso wenig ein Interesse hat wie Frankreich an einer überharten Auslegung des Euro-Stabilitätspaktes. Juncker verbindet mit den beiden Personalien die Hoffnung, dass EU-Entscheidungen eher in den betroffenen Staaten getragen werden, wenn sie von heimischen Politikern vertreten werden. Mit Blick auf die Ernennung Moscovicis zum Währungskommissar sagte der CSU-Finanzpolitiker Hans Michelbach aber dennoch, der Sozialist sei ein „Stabilitätsrisiko für den Euro“.
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