zum Hauptinhalt
Günther Oettinger
© dpa
Update

Neue EU-Kommission in Brüssel: Heftige Kritik an Günther Oettinger als Kommissar für Digitalwirtschaft

Der neue EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker hat sich entschieden: Der Deutsche Günther Oettinger wird als Kommissar für Digitale Wirtschaft zuständig sein. Dafür muss er massive Kritik einstecken - aus Deutschland.

Der bisherige Energiekommissar Günther Oettinger soll in der neuen EU-Kommission für Digitale Wirtschaft zuständig sein. Der frühere französische Finanzminister Pierre Moscovici übernimmt die Bereiche Wirtschaft, Währung und Steuern, teilte das Team des neuen EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker am Mittwoch in Brüssel mit. Die französische Regierung hatte schon früh dafür getrommelt, Moscovici als den Nachfolger des Finnen Olli Rehn für Wirtschaft und Währung nach Brüssel zu schicken.

Damit erhalten sowohl der Deutsche Oettinger als auch der Franzose Moscovici gleichrangige Ressorts in der neuen EU-Kommission. Beiden Portfolios sind Vizepräsidenten übergeordnet - der Lette Valdis Dombrovskis und der Finne Jyrki Katainen für Wirtschaftsthemen, der Este Andrus Ansip für Digitales.

Bereits vor einigen Wochen waren in Deutschland Bedenken gegen Junckers Plan laut geworden waren, ausgerechnet den Vertreter eines Landes, das mit der Einhaltung der Defizitkriterien große Schwierigkeiten hat, mit der Aufgabe des Währungshüters zu betrauen. Und so ließen die Reaktionen auf die Berufung Moscovicis auch nicht lange auf sich warten. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) erklärte, er sei zuversichtlich, dass Moscovici das gewachsene Vertrauen in die europäische Fiskalpolitik weiter festigen werde. Weniger konziliant äußerte sich der CDU-Haushaltsexperte Norbert Barthle: „Ich glaube nicht, dass die Benennung von Pierre Moscovici zum Wirtschafts- und Währungskommissar eine kluge Personalentscheidung war.“

Insgesamt gibt es sieben Vizepräsidenten in der neuen EU-Kommission, wobei der bisherige niederländische Außenminister Frans Timmermans als Erster Vizepräsident arbeiten und für eine bessere Regulierung auf EU-Ebene zuständig sein soll. Weitere Vizepräsidenten sind die Slowenin Alenka Bratusek (Energie-Union), die Bulgarin Kristalina Georgieva (Haushalt) sowie die Italienerin Federica Mogherini, die von den EU-Staaten bereits als EU-Außenbeauftragten vorgesehen wurde.

Der ehemalige luxemburgische Ministerpräsident hatte vor seinem Antritt verkündet, seine neue Truppe werde moderner und vor allem weiblicher als zur Amtszeit seines Vorgängers José Manuel Barroso. Diese Ankündigung brachte ihn in den vergangenen Wochen und Monaten dann ganz schön ins Schwitzen, denn die Mitgliedstaaten nominierten kaum Frauen für die europäischen Spitzenposten. Eine Zeit lang hatte es so ausgesehen, als müsste Juncker gar mit nur drei oder vier weiblichen Kommissaren auskommen, am Ende wurden es dann neun – genauso viele wie in der Barroso-Kommission. Damit ist zumindest die Gefahr gebannt, dass das EU-Parlament, das alle Kommissare bestätigen muss, die Juncker-Kommissare wegen eines Frauenmangels durchfallen lässt.

Allerdings gehört die Slowenin Bratusek zu den Wackelkandidaten, die sich für die bevorstehende Anhörung im Europaparlament noch besonders rüsten müssen. Auch die Berufung des bisherigen ungarischen Außenministers Tibor Navracsics zum Kommissar für Bildung, Kultur, Jugend und Bürgerschaft löste im Europaparlament einige Bedenken aus.

Die Schwedin Malmström wird Handelskommissarin

Ein wichtiges Wirtschaftsressort geht indes an die dänische Wirtschaftsministerin Margrethe Vestager, die Wettbewerbskommissarin wird und damit dem Spanier Joaquin Almunia nachfolgt. Die Schwedin Cecilia Malmström, die bisher als EU-Innenkommissarin fungiert, wird das wichtige Portfolio der Handelskommissarin übernehmen. Damit wird sie für das umstrittene Freihandelsabkommen mit den USA zuständig sein. Zwischenzeitlich war auch Oettinger für den Posten gehandelt worden.

Der Brite Jonathan Hill erhält den Bereich Finanzstabilität, Finanzdienste und Kapitalmarkt. Zwischenzeitlich war der Brite auch als Energie- und Klimakommissar im Gespräch gewesen. Dieses Ressort geht nun an den Spanier Miguel Arias Canete.

Grüne kritisieren Benennung Oettingers scharf

Der Grünen-Europaabgeordnete Jan Philipp Albrecht erklärte unterdessen, die Benennung Oettingers zum Kommissar für Digitalwirtschaft sei "die größte Fehlbesetzung" innerhalb des neu zusammengesetzten EU-Gremiums. "Weder hat der frühere Energiekommissar Erfahrung in diesem Bereich, noch hat er klare Vorstellungen davon, wie die digitale Transformation zu bewältigen ist", erklärte Albrecht. Sowohl für die Wirtschaft als auch für die Verbraucher sei die Benennung Oettingers eine "Enttäuschung", so der Grünen-Politiker. (mit Reuters)

Zur Startseite