Taliban - von Terroristen zu Politikern?: Ein Hoch auf die Utopie!
Afghanistans Präsident kommt den Taliban weit entgegen und stellt ihnen ihre Anerkennung als politische Kraft in Aussicht. Mutig! Und richtig! Ein Kommentar.
Man wird doch mal träumen dürfen?! Historischer Fortschritt – die Erfindung der Demokratie, das Ende der Sklaverei, die Emanzipation der Frau – basierte schließlich fast immer auf utopischen Ideen von mehr Freiheit, mehr Gleichheit, mehr Brüder- und Schwesterlichkeit. Wo wären wir ohne Menschen, die den Mut haben, so realistisch zu sein, das Unmögliche zu fordern? In Kabul hat der afghanische Präsident Aschraf Ghani diesen Mut bewiesen und den Taliban angeboten, sie als politische Gruppe anzuerkennen.
Die Steinzeitislamisten wären nicht die ersten Terroristen, die eine solche Einladung annähmen. Man denke an die IRA, die 90 Jahre lang Irlands Unabhängigkeit von Großbritannien mit Bombenanschlägen durchsetzen wollte. Oder an die Farc-Rebellen, die seit Mitte der 1960er Jahre einen blutigen Bürgerkrieg gegen die kolumbianische Regierung führten. Bisher lehnen die Taliban es ab, auch nur mit der afghanischen Regierung zu sprechen. Sie kämpfen weiter. Morden weiter. Aber so war das bei den anderen auch. Bis sie an den Punkt kamen, einzusehen, dass sie im politischen Kampf mehr würden gewinnen können als mit weiteren Anschlägen. Eine Erkenntnis, der sich vielleicht auch die Taliban annähern.
Träumen kann man ja mal.
Michael Schmidt