Kommissionskandidat Thierry Breton: Ein französisches Schwergewicht für die EU
Der ehemalige französische Wirtschaftsminister Thierry Breton ist der neue Kandidat für den Posten des EU-Industriekommissars. Ein Porträt.
Noch einmal kann es sich Präsident Emmanuel Macron nicht leisten, mit seinem Vorschlag für den französischen EU-Kommissar durchzufallen. Deshalb hat er sich für ein Schwergewicht entschieden, das Sylvie Goulard ersetzen soll, die nach ihrer Nominierung vom EU-Parlament abgelehnt wurde. Thierry Breton war von 2005 bis 2007 französischer Wirtschafts- und Finanzminister unter dem konservativen Präsidenten Jacques Chirac. Seit 2009 leitet der 64-Jährige das IT-Unternehmen Atos.
Frankreich beansprucht für ihn weiterhin einen großen Bereich: Industrie, Binnenmarkt, Verteidigung, Digitales und Raumfahrt. Aus dem Umfeld von Macron heißt es: „Thierry Breton hat starke Kompetenzen in den Bereichen.“ Er habe außerdem als ehemaliger Minister Legitimität. Zudem sei er jemand, der Projekte voranbringen könne, kein Bürokrat.
Macron hat mit Breton jemanden gewählt, der sowohl in der Politik als auch in der Privatwirtschaft verankert ist. Der Ingenieur ist, die Pariser Eliteschule Louis Le Grand besuchte und auf viel Erfahrung in der Wirtschaft zurückblickt. Er leitete von 1997 bis 2002 das Elektronikunternehmen Thomson und führte es aus der Krise. Von 2002 bis 2005 war er mit seinem Strategieplan für die hoch verschuldete Gesellschaft France Télécom erfolgreich. Er gilt in Frankreich als „Sanierer“ von Unternehmen. Nach seiner Ministerzeit unterrichtete er in Harvard und zählt laut Harvard Business Review zu den 100 einflussreichsten Firmenchefs weltweit.
Es besteht das Risiko von Interessenkonflikten
Breton ist ein geschickter Schachzug von Macron. Er kommt aus dem konservativen Lager, ist aber offiziell nicht einer Partei zugehörig. Er hatte bei den letzten Präsidentschaftswahlen den Konservativen Alain Juppé unterstützt. Doch als dieser ausschied, lief er schon vor dem ersten Wahlgang zu Macron über. Außerdem ist er ein überzeugter Europäer, der bei Atos deutsch-französische Projekte realisiert hat. Er kaufte unter anderem 2010 den IT-Dienstleister Solutions and Services (SIS) von Siemens auf. Dazu kommt, dass er Ursula von der Leyen gut kennt, mit der er zusammenarbeitete, als sie Verteidigungsministerin war.
Ein Problem stellt sich allerdings bei Breton, kritisierten französische Medien und Oppositionspolitiker: Es besteht das Risiko von Interessenkonflikten. So war er für die Firmen tätig, die er in Zukunft kontrollieren muss. Bei Atos hatte er beispielsweise eng mit der EU zusammengearbeitet und finanzielle Unterstützung für Projekte erhalten.