Tod im Rio Grande: Ein erschütterndes Foto geht um die Welt
Ein Mann und seine zweijährige Tochter überleben die Flucht über den Rio Grande zwischen Mexiko und den USA nicht. Das Foto erinnert an eines aus Europa.
Die Debatte um die amerikanische Asylpolitik und den Umgang mit Flüchtlingen an der Grenze zu Mexiko könnte mit einem tragischen Schicksal und schockierenden Bildern neu befeuert werden. In der Nacht von Dienstag zu Mittwoch verbreiteten sich weltweit Fotos eines 26-jährigen Vaters und seiner zwei Jahre alten Tochter aus El Salvador, die im Rio Grande ums Leben gekommen sind. Aufnahmen zeigen die Leichen am Flussufer mit den Gesichtern im Wasser liegend, die Tochter klammert sich an den Vater.
Mexikanische Medien verglichen das Bild mit dem des ertrunkenen Flüchtlingsjungen Alan Kurdi. Seine Leiche wurde im September 2015 an einem türkischen Stand angespült. Das Foto des dreijährigen Jungen aus Syrien ging als ikonische Aufnahme der Flüchtlingskrise in Europa um die Welt.
"Wenn du so etwas siehst, sensibilisiert es dich wieder."
Die aktuelle Aufnahme aus Mexiko stammt von der Polizeireporterin Julia Le Duc, die für die mexikanische Zeitung "La Jornada" arbeitet. Sie schrieb in einem Gastbeitrag für den "Guardian", sie habe schon viele Leichen gesehen, auch Ertrunkene. Man stumpfe in ihrem Job leicht ab. Das Bild von Vater und Tochter habe aber auch sie mitgenommen. "Man konnte sehen, dass der Vater sie unter sein T-Shirt genommen hat, damit die Strömung sie nicht wegzieht. Er starb beim Versuch, das Leben seiner Tochter zu retten."
Das Bild solle die Menschen wachrütteln, schreibt sie – so wie es auch sie ergriffen hat. "Wenn du so etwas siehst, sensibilisiert es dich wieder." Diese Familien hätten nichts und riskierten alles für ein besseres Leben. "Wenn solche Szenen die Menschen nicht zum Nachdenken brächten - und die Entscheidungsträger bewegten - dann ist unsere Gesellschaft auf einem schlechten Weg", schrieb Le Duc.
Der Reporterin zufolge hatte der Mann, den dessen Frau später als Óscar Alberto Martínez Ramírez identifizierte, am Sonntag mit seiner Tochter Valeria versucht, den Fluss zu überqueren und so Texas zu erreichen. Dabei wurden beide offenbar von der Strömung des Flusses mitgerissen und ertranken. Ihre Leichen wurden am Montag in der Nähe von Matamoros (Mexiko) gefunden.
Laut dem „Guardian“ hatte die Familie ursprünglich in Matamoros Asyl beantragen wollen. Als der Vater erkannte, dass der Prozess zu lange dauern würde, entschloss er sich offenbar, den Weg über den Fluss zu versuchen.
Claudia Hernández, eine mexikanische Polizistin in der Grenzstadt Piedras Negras, sagte dem „Guardian“: „Der Fluss ist tückisch, Menschen, die nicht von hier sind, wissen das nicht. Ich bin hier aufgewachsen und würde nicht einmal zum Baden in das Wasser gehen. Es gibt Strömungen und Strudel, die dich hinunterziehen können.“
Mexiko und die USA ringen seit Jahren um die illegale Einwanderung. Donald Trump hatte in seinem Wahlkampf 2016 unter anderen den Bau einer Grenzmauer und die Abschiebung von Millionen Migranten versprochen. Die Zahl der Migranten stieg seit Beginn seiner Amtszeit jedoch stetig an. Allein im Mai wurden an der US-Südgrenze 144.000 Einwanderer aufgegriffen, darunter 57.000 Minderjährige - das war die höchste Zahl seit 13 Jahren.
Zuletzt drohte Trump mit Strafzöllen, woraufhin Mexiko die Grenze mit fast 15.000 Soldaten und Polizisten zu sichern versuchte.
Hinweis der Redaktion: Wir haben uns entschieden, das Bild von Óscar Alberto Martínez Ramírez und seiner Tochter zu zeigen, weil es ein Dokument der Zeitgeschichte mit hohem symbolischen Wert ist.