USA und China: Ein bisschen Handelsfrieden
Die USA und China unterzeichnen ein erstes Teilabkommen, das den Handelsstreit entschärfen soll. Trump feiert diesen „Durchbruch“ – er nutzt ihm im Wahljahr.
So kann es klingen, wenn zwei Frieden schließen, und sei es auch nur vorübergehend. Dann kündigt der eine den Besuch beim anderen an, um in großer Eintracht das Erreichte zu genießen. Am Mittwoch ist es US-Präsident Donald Trump, der verspricht, „in nicht allzu ferner Zukunft“ nach China – „ein unglaubliches Land“ – zu reisen, um seinen Amtskollegen Xi Jinping zu treffen, den er einen „sehr, sehr guten Freund“ nennt.
Anlass für diese Lobeshymnen im East Room des Weißen Hauses, die der chinesische Vize-Premier Liu He stellvertretend entgegennimmt, ist laut Trump ein „wirklich erstaunlicher Durchbruch“: das Phase-One-Handelsabkommen zwischen den USA und China, das an diesem Mittwoch von beiden Seiten feierlich unterzeichnet wird. Es ist ein erstes Teilabkommen zur Entschärfung des seit knapp zwei Jahren tobenden Handelsstreits, das zu einem noch umfassenderen Vertrag zwischen den beiden größten Wirtschaftsmächten führen soll.
Das „Who is who der Wirtschaft“ ist gekommen
Doch bevor es so weit ist und die beiden Männer das 86-seitige Abkommen unterzeichnen, liefert Trump einmal mehr eine ganz besondere Show ab. Fast eine Stunde spricht er zu den mehr als 200 geladenen Gästen, um die herum sich gefühlt so viele Journalisten aus aller Welt drängen wie selten zuvor. Trump dankt dabei fast jedem der Anwesenden, seinem Vizepräsidenten Mike Pence, den Handelsbeauftragten Larry Kudlow und Robert Lighthizer, republikanischen Senatoren und Abgeordneten sowie diversen Konzernchefs (Boeing, Mastercard, UPS ...) und anderen Wirtschaftsvertretern, dem „Who is who der Wirtschaft“, wie er sagt. Die sind offenbar gerne gekommen, hoffen sie doch, dass der Durchbruch ihnen nun bessere Geschäfte beschert.
Das Abkommen sieht nach US-Angaben vor, dass China in den nächsten beiden Jahren für zusätzlich mindestens 200 Milliarden Dollar amerikanische Waren kaufen soll, um das riesige Handelsdefizit der USA zu verringern. Davon sollen mindestens 40 Milliarden auf Agrarprodukte entfallen – ein Geschenk an Amerikas Landwirte und damit ein Erfolg für Trump im Wahljahr. Einige Zölle werden die USA dafür reduzieren, andere angedrohte Maßnahmen wurden ausgesetzt. Es bleiben aber Sonderzölle in Kraft, die gegenseitig erhoben wurden.
Im Kongress beschließen die Abgeordneten zeitgleich die weiteren Schritte im Impeachment-Verfahren
Auch wenn manche das Abkommen als unzureichend kritisieren: Für Trump ist es ein Erfolg. Entsprechend gut gelaunt gibt er sich, macht immer wieder Witze etwa auf Kosten der Banker, von denen er eine Menge habe „gut aussehen“ lassen – „Wann sagen Sie eigentlich mal: Vielen Dank, Herr Präsident?“
Im East Room wird an diesem Tag viel gelacht – wie als Demonstration gegen das Unheil, das rund zwei Kilometer entfernt im US-Kongress aufzieht: Zeitgleich beschließen dort die demokratischen Abgeordneten mit ihrer Mehrheit im Repräsentantenhaus die nächsten Schritte im Amtsenthebungsverfahren gegen Trump. Der zeigt sich ungerührt.
Zum Abschied ertönt „What a wonderful world“
Während seiner überlangen Ansprache, die er teilweise vom Blatt abliest, weil der Teleprompter schon ziemlich am Anfang seinen Geist aufgibt, steht die chinesische Delegation neben ihm, ohne eine Miene zu verziehen. Als Trump dann seinen Gästen endlich das Wort erteilt, scheint es, als nehme Liu He Revanche.
Der stellvertretende Regierungschef verliest einen sehr langen Brief von Xi auf Chinesisch. Darin heißt es, beide Seiten könnten ihre Differenzen überwinden. Er hoffe, dass die USA chinesische Firmen fair behandelten, eine Anspielung auf den Netzwerkausrüster Huawei, dem die USA Spionage für die Regierung in Peking vorwerfen. Aber auch Xi klingt zufrieden.
Nach zwei Jahren Dauerkonflikt stehen die Zeichen gerade auf Entspannung. Wie zur Bestätigung begleitet der Klavierspieler den Auszug der Delegationen mit „What a wonderful world“.