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Es ist vollbracht. Die Gespräche führten zu einem Ergebnis. Kanzlerin Merkel auf dem Weg zur Pressekonferenz.
© imago images

Libyen-Konferenz in Berlin: Ein bedeutender Erfolg für die deutsche Außenpolitik

Über Monate hat die deutsche Außenpolitik die Libyen-Konferenz in Berlin vorbereitet. Die Mühe hat sich gelohnt. Deutschland hat Verantwortung übernommen.

Wer Erwartungen dämpft, gerade nach einem internationalen Friedensgipfel, den er selbst ausrichtet, kann nur gewinnen. Sie wisse, „dass wir mit dem heutigen Tag nicht alle Probleme lösen konnten“, sagte Kanzlerin Angela Merkel, als sie nach dem Ende der erfolgreichen Libyen-Konferenz vor die Presse trat.

Zwar hatten die libyschen Gegenspieler Fajis al Sarradsch und Chalifa Haftar nicht an dem Treffen teilgenommen. In getrennten Gesprächen hatten Merkel und Außenminister Heiko Maas dem Regierungschef und dem aufständischen General aber die Zustimmung zur Demobilisierung und zum Ende der Waffenlieferungen aus dem Ausland abgetrotzt.

Für UN-Generalsekretär Antonio Guterres war dieses ermutigende Ergebnis auch ein Ergebnis der monatelangen Verhandlungen der Deutschen zur Vorbereitung der Berliner Konferenz.

Das Agieren Europas in dem Bürgerkrieg, der nach dem Sturz Muammar al Gaddafis 2011 ausgebrochen war, war lange widersprüchlich: Frankreich unterstützte den aufständischen Haftar, Italien die Regierung von Sarradsch.

Erst im vergangenen Jahr hatten die Vereinten Nationen Berlin um Vermittlung gebeten. Seither haben Merkel, Außenminister Heiko Maas und ihre Spitzendiplomaten viel Mühe darauf verwandt, die Opponenten und deren Unterstützer in der arabischen Welt sowie in Russland und der Türkei einzubinden.

Als Vermittler war Deutschland glaubwürdig, weil die deutsche Regierung nach der UN-Resolution für eine Flugverbotszone in Libyen im März 2011 eine Beteiligung an der militärischen Intervention des Westens verweigert hatte, die den UN-Beschluss überdehnte und zum Sturz Gaddafis führte. Die Enthaltung im Sicherheitsrat trug Berlin viel Kritik ein.

Gaddafis Waffen töteten in den Nachbarländern

Doch die Warnung, wonach ein „Regime-Change“ ohne politisches Konzept die Sahel-Zone destabilisieren könne, erwies sich als berechtigt. Die Waffen aus Gaddafis Arsenalen wurden in den Nachbarländern von Terroristen und Kriminellen eingesetzt, etwa in Mali.

Eigene Interessen aber hat Deutschland in Libyen durchaus – und die EU teilt diese. Ein Ende des Bürgerkriegs und eine handlungsfähige Regierung in Tripolis bedeuten einen Gewinn an Sicherheit für Europa und etablieren wieder einen Partner, mit dem man in der Flüchtlingsfrage zusammenarbeiten könnte.

Zwischen der EU und dem Bürgerkriegsland Syrien liegt der große Puffer Türkei, der viele Flüchtlinge aufnimmt. Zwischen Libyen und Europas Küsten liegt nur das Mittelmeer. Im libyschen Bürgerkrieg sind Flüchtlinge derzeit besonders schutzlos gegen Gewalt. Milizen halten sie in Lagern fest und beuten sie aus.

Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht mit Recep Tayyip Erdogan, Boris Johnson und Mike Pompeo während der Libyen-Konferenz am 19.01.2020 in Berlin.
Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht mit Recep Tayyip Erdogan, Boris Johnson und Mike Pompeo während der Libyen-Konferenz am 19.01.2020 in Berlin.
© Turkish Presidency Press Service/Pool/AP/dpa

Offiziell hatte die EU von Anfang an auf den international anerkannten Regierungschef Sarradsch gesetzt, musste dann allerdings erleben, dass sein Gegenspieler Haftar immer mehr Territorium eroberte, im April 2019 die Offensive auf Tripolis begann und nun 80 Prozent des Landes beherrscht.

Haftar aber wurde bislang massiv von Ägypten, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten mit Geld, Flugzeugen und Piloten unterstützt. Alle diese Länder sind Verbündete des Westens, weshalb sich die USA und die EU schwertaten, Druck auf die Mächte auszuüben, die dem General seinen militärischen Erfolg ermöglichten.

Dass die Regierung Sarradsch auf die Unterstützung von Milizen aus dem Westen Libyens angewiesen ist, in denen auch Islamisten kämpfen, macht die Sache nicht einfacher.

Im Herbst mischten sich Putin und Erdogan ein

Im Herbst hatten sich zwei neue Akteure militärisch in den Bürgerkrieg eingemischt – Russland auf der Seite der Aufständischen, die Türkei auf der Seite von Tripolis. Wladimir Putin weiß um Europas Angst vor den Flüchtlingen und sah die Chance, eine zentrale Rolle in dem Konflikt zu spielen. Er hilft in der Hoffnung, die Ukraine-Krise in den Hintergrund zu drängen und die Rolle des Parias bei den westlichen Staaten zu verlieren.

Die vielen positiven Reaktionen aus der EU und anderen Ländern zeigen: Die deutsche Außenpolitik hat mit der Vorbereitung und Regie der Libyen-Konferenz in Berlin tatsächlich einen bedeutenden Erfolg erzielt.

Ein Beweis gegen die Wirksamkeit militärischer Macht liegt in diesem Erfolg aber nicht.

Die politische Verantwortung, die Berlin übernommen hat, endete nicht mit der Konferenz. Wenn die EU als Helfer bei einer Stabilisierungsmission oder zur Überwachung des Waffenembargos gefragt sein sollte, wird auch die Bundeswehr ihren Beitrag leisten müssen.

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