40 Jahre nach Schleyer-Ermordung: Ehemalige RAF-Terroristin bittet Schleyer-Familie um Verzeihung
Im Oktober 1977 ermordeten RAF-Täter den Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer. Jetzt hat Ex-Terroristin Silke Maier-Witt mit dem Schleyer-Sohn gesprochen.
Vierzig Jahre nach der Entführung und Ermordung von Arbeitsgeberpräsident Hanns Martin Schleyer hat die verurteilte RAF-Terroristin Silke Maier-Witt die Familie um Verzeihung gebeten. Die 67-Jährige, die wegen Schleyers Entführung und Ermordung zu zehn Jahren Haft verurteilt worden war, habe die Entschuldigung vergangene Woche bei einem langen Gespräch mit Schleyers jüngstem Sohn Jörg in der mazedonischen Hauptstadt Skopje vorgebracht, berichtete die "Bild".
Maier-Witt habe Schleyer mit folgenden Worten begrüßt: "Es klingt so platt. Aber ich möchte erst einmal um Verzeihung bitten." Weiter sagte sie dem Zeitungsbericht zufolge: "Es hilft nicht viel, aber ich denke, dass ich immer ausgewichen bin, mich dem zu stellen." Sie habe "immer versucht, mich damit auseinanderzusetzen", sagte das ehemalige RAF-Mitglied demnach zu Jörg Schleyer. "Aber die eigentliche direkte Konfrontation mit Ihnen zum Beispiel habe ich nicht gesucht. Dafür möchte ich mich auch noch mal entschuldigen."
Schleyers Hinterbliebene suchen seit Jahrzehnten eine Antwort auf die Frage, welches RAF-Mitglied die tödlichen Schüsse auf den Entführten abgegeben hat. Dies ist bis heute ungeklärt, weil die beteiligten Täter dazu schweigen. Vergangenen Monat hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Täter aufgerufen, ihr Schweigen über die Bluttaten der RAF zu brechen. Den Wortlaut der Rede finden Sie hier.
Hoffen auf weitere Aussagen
Nach dem mehr als siebenstündigen Gespräch mit Silke Maier-Witt erklärte Jörg Schleyer nun in der "Bild": "Erstmalig habe ich aus dem Mund einer wegen des Mordes verurteilten Terroristin erfahren, wer die drei Personen sind, die bei meinem Vater waren, als die tödlichen Schüsse abgegeben wurden." Maier-Witts Bereitschaft, Auskunft über die Hintergründe der Tat zu geben, habe "glaubhaft" gewirkt, sagte Jörg Schleyer. "Jetzt hoffe ich, dass ihrem Beispiel weitere Täter folgen und ihr Wissen offenbaren."
Die Ermordung des von der RAF entführten Schleyer vor vier Jahrzehnten stand am Ende einer Serie dramatischer Ereignisse, die als Deutscher Herbst in die Geschichte eingingen. Noch während der Schleyer-Entführung kaperte damals ein mit der RAF verbündetes palästinensisches Terrorkommando die Lufthansa-Maschine "Landshut". Ziel war die Freipressung in Deutschland inhaftierter RAF-Terroristen.
Nach einem mehrtägigen Irrflug des Urlauberflugzeugs stürmte die GSG 9 die Maschine am frühen Morgen des 18. Oktober 1977 auf dem Flughafen im somalischen Mogadischu und befreite die Geiseln. Wenige Stunden später begingen drei in Stuttgart-Stammheim inhaftierte Terroristen der sogenannten ersten RAF-Generation Suizid, darunter Andreas Baader und Gudrun Ensslin. Daraufhin ermordeten Mitglieder der zweiten RAF-Generation den entführten Schleyer.
Der Sohn des ebenfalls von der RAF getöteten ehemaligen ehemalige Generalbundesanwalts Siegfried Buback sagte der "Berliner Zeitung", die Entschuldigung Maier-Witts "geht auch nach der langen Zeit in Ordnung". Er fügte hinzu: "Nur sollte sie genauso von den unmittelbaren Tätern kommen. Und diese sollten Jörg Schleyers drängende Frage beantworten, wie genau sein Vater zu Tode gekommen ist. Ich vermute, Frau Maier-Witt weiß das gar nicht." (Tsp/AFP)
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