Vor allem Syrer und Rumänen: Durch Zuwanderung deutlich mehr Ärzte in Deutschland
Fast zehn Prozent mehr ausländische Mediziner gab es 2016 in Deutschland - durch Migration. Den Ärztemangel auf dem Land behebt das nicht. Die meisten arbeiten in Kliniken.
Die Zuwanderung hat Deutschland deutlich mehr praktizierende Ärzte gebracht. Nach Angaben der Bundesärztekammer stieg die Zahl der hierzulande gemeldeten ausländischen Mediziner im vergangenen Jahr um 9,7 Prozent – auf aktuell 46.721. Elf Prozent der in Deutschland praktizierenden Ärzte besitzen demnach inzwischen eine ausländische Staatsbürgerschaft. Zum Vergleich: Zehn Jahre vorher waren es gerade mal etwas mehr als 16.000.
Die stärksten Zuwächse gab es der Analyse zufolge bei Medizinern aus dem Bürgerkriegsland Syrien. Ihre Zahl stieg um 746 auf 2895, von denen 2702 in Deutschland auch berufstätig sind – ein Zuwachs um fast 35 Prozent binnen eines Jahres. Es folgen Rumänien (plus 223), Serbien (plus 218), die Ukraine (plus 160, Russland (plus 109) und Aserbaidschan (plus 108).
Insgesamt sind von allen ausländischen Ärzten hierzulande Rumänen mit 4285 am häufigsten vertreten. An zweiter Stelle steht Griechenland mit 3118 Medizinern, gefolgt von Syrien. Einen österreichischen Pass haben in Deutschland 2600 Ärzte, einen russischen 2075. Polen stellt in Deutschland 2038 Ärzte, Ungarn 1731 und Bulgarien 1634.
In die ambulante Medizin wagen sich vor allem Griechen
Gegen den Mangel an Hausärzten und Medizinern in strukturschwachen Regionen hilft der Nachschub aus dem Ausland allerdings wenig. Die meisten Zugewanderten arbeiten im Krankenhaus. Bei den Ärzten aus Syrien etwa sind es laut Statistik gut 84 Prozent. In der ambulanten Medizin liegen die Zahlen entsprechend niedriger. Hier liegen die Griechen mit insgesamt 406 praktizierenden Ärzten an der Spitze – vor Österreich (349) und Polen (302).
Und der positive Effekt für die Deutschen hat auch eine Kehrseite: Je mehr Ärzte aus Osteuropa und außereuropäischen Kriegsgebieten abwandern, desto prekärer wird die Versorgungssituation in ihrem Herkunftsland. In Syrien ist die medizinische Versorgung mittlerweile katastrophal. Schätzungen zufolge haben seit 2011 bereits mehr als die Hälfte aller dort tätigen Mediziner dem Bürgerkriegsland den Rücken gekehrt.
Vielen Kliniken in Rumänien droht der Kollaps
Auch Rumänien rangiert im europäischen Vergleich aufgrund des sogenannten „brain drain“ inzwischen bei der ärztlichen Versorgung auf einem der letzten Plätze. Viele Kliniken dort stehen inzwischen vor dem Kollaps. Augenfällig wurde das bei einer Brandkatastrophe in einer Bukarester Diskothek vor zwei Jahren. In den Krankenhäusern der Hauptstadt fehlte es derart an Intensivärzten und -krankenschwestern, so dass etliche Brandopfer ins Ausland gebracht und dort behandelt werden mussten.
Schätzungen zufolge haben seit dem Jahr 1990 bis zu 30.000 Ärzte Rumänien verlassen. Als bevorzugte Zielländer gelten Großbritannien, Frankreich und Deutschland. Kein Wunder. Hierzulande können sie nach ein paar Jahren im Schnitt zehnmal so viel verdienen wie in ihrer Heimat und haben sich auch nicht mit maroden Arbeitsbedingungen herumzuschlagen. Das Einstiegsgehalt eines Assistenzarztes in Rumänien liegt bei nicht einmal 300 Euro. Und mehr als 700 werden es auch bei erfahrenen Medizinern kaum.
Umgekehrt locken bessere Verdienst- und Arbeitsmöglichkeiten auch hiesige Ärzte ins Ausland. Allerdings ist ihre Zahl weit geringer als die der Zuzügler. Im Jahr 2016 kehrten lediglich 2050 Ärzte Deutschland den Rücken – davon mehr als 58 Prozent mit deutschem Pass.
Am beliebtesten für deutsche Ärzte: die Schweiz
Als beliebtestes Auswanderungsland gilt nach wie vor die Schweiz, dorthin verabschiedeten sich allein 677 Mediziner. Das dürfte mit besserer Bezahlung ebenso zusammenhängen wie mit den fehlenden Sprachbarrieren.
Hinzu kommt das Gesundheitssystem. So gibt in der Alpenrepublik für Ärzte keine Budgetierung mit Regressdrohungen. Nach Österreich gingen im vergangenen Jahr 295 Ärzte, in die die Vereinigten Staaten 112. Im Vergleich zum Vorjahr hat die Abwanderung damit um 4,3 Prozent abgenommen.