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Eine Medizinstudentin blickt einem Patienten ins Auge.
© Britta Pedersen/picture alliance/dpa

Masterplan Medizinstudium beschlossen: Neue Ärzte für das Land

Mehr gute Allgemeinärzte soll das Medizinstudium künftig hervorbringen. Doch der Masterplan dazu bleibt umstritten, unter anderem wegen fehlender Finanzen.

Die Medizinerausbildung in Deutschland soll grundlegend reformiert werden - von der Auswahl der Studierenden bis zur letzten Prüfung. Darauf haben sich Bund und Länder im Masterplan Medizinstudium 2020 geeinigt. „Es geht darum, die kommende Generation der Mediziner bestmöglich auszubilden“, sagte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) am Freitag in Berlin bei der Vorstellung des Masterplans (hier geht es zum Wortlaut des Masterplans).

Im Zentrum der Reform stehen die Stärkung der Allgemeinmedizin und der „kommunikativen Kompetenzen“ der Ärzteschaft. Damit reagiere die Politik auf den demographischen Wandel hin zu einer zunehmend älteren Bevölkerung und auf regionale Mängel in der Ärzteversorgung, sagte Bundeswissenschaftsministerin Johanna Wanka (CDU).

Erleichterter Zugang zum Studium für spätere Landärzte

Teil des Masterplans ist die Landarztquote: Die Länder können damit künftig bis zu zehn Prozent der Bewerberinnen und Bewerber um Medizinstudienplätze bevorzugt zulassen. Für diese zählt nicht mehr der strenge Numerus Clausus. Aber sie müssen sich vertraglich verpflichten, die ersten zehn Jahre ihrer Berufstätigkeit in einer hausärztlichen Praxis in unterversorgten ländlichen Regionen zu arbeiten. Ansonsten drohen hohe Vertragsstrafen.

Die Reform war schon 2013 im Koalitionsvertrag von Union und SPD angekündigt worden, doch bis heute sind wesentliche Teile umstritten. Die Kultusministerkonferenz (KMK) hatte die Zustimmung noch vor einer Woche verweigert, weil die Finanzierung nicht gesichert ist. Die Finanzminister der Länder hatten im November 2016 zusätzliche Mittel für die Umsetzung des Masterplans verweigert. Jetzt hat die KMK bei Enthaltung Thüringens zugestimmt, bleibt aber reserviert: Man werde die Reformen „soweit als möglich“ angehen, heißt es in einem neuen Beschluss. Die Wissenschaftsminister erwarten einen „angemessenen Finanzierungsbeitrag des Bundes“. Der Berliner Staatssekretär Steffen Krach sagt, die vollständige Umsetzung sei nur möglich, „wenn die Unikliniken finanziell massiv gestärkt werden“. Bis dahin stehe die vollständige Umsetzung des Masterplans unter Haushaltsvorbehalt.

Bessere Chancen auch für soziale und kommunikative Bewerber

Was soll sich im Medizinstudium konkret ändern? Es beginnt bei der Zulassung – über die Landarztquote hinaus. Weiterhin soll die Mehrheit der Studierenden über die Abiturnote ausgewählt werden. Neben der schon heute zählenden Wartezeit und teilweise anerkannten medizinischen Ausbildungen kommen nun zwei Kriterien hinzu: Stärker gewichtet werden „soziale, kommunikative Kompetenzen und eine besondere Motivation für das Medizinstudium“. Wie sich dies messen lässt, müsse allerdings noch erforscht werden, sagte Wanka. Ihr Ministerium fördert eine entsprechende Studie.

Inhaltlich soll sich das Medizinstudium bundesweit an erfolgreichen Modellstudiengängen orientieren, wie sie seit Jahren etwa an der Berliner Charité angeboten werden. Unter anderem will man die Lehre „an der Vermittlung arztbezogener Kompetenzen“ ausrichten. Dazu zählt, dass Studierende frühzeitig mit Patienten in Kontakt kommen und lernen, auf ihre Bedürfnisse einzugehen. Dabei wird insbesondere auf die „Arzt-Patienten-Kommunikation“ Wert gelegt – sie soll auch Gegenstand der abschließenden Staatsprüfung sein. Insgesamt müssten die Prüfungen praxisnaher als bisher gestaltet werden.

Mehr Allgemeinmedizin im Studium und in Prüfungen

Das gilt auch für allgemeinmedizinische Kenntnisse, die im Studium stärker verankert werden sollen. An allen Standorten der Hochschulmedizin soll es künftig Professuren für Allgemeinmedizin geben. Im Praktischen Jahr müssen angehende Ärztinnen und Ärzte mindestens ein Vierteljahr in einer allgemeinärztlichen Praxis absolvieren. Begleitend finanziert das BMBF ein bundesweites Netzwerk von Forschungspraxen.

Neben der Finanzierung etwa der neuen Auswahlverfahren für Medizinstudierende an den Hochschulen sind weitere Punkte des Masterplans strittig. So sehen die Wissenschaftsminister der Länder die Landarztquote nur als Ultima Ratio. Sie komme erst dann in Betracht, wenn alle anderen Maßnahmen der Ärztekammern, der Kommunen und Gesundheitsministerien, um die hausärztliche Versorgung zu verbessern, gescheitert seien.

Landarztquote? Bislang macht nur Bayern mit

Bislang ist tatsächlich Bayern das einzige Land, das die Landarzt-Quote will und auch schon vorbereitet. Vor allem die Flächenländer mit den größten Versorgungsproblemen würden aber die Möglichkeiten, die eine solche Quote eröffnet, jetzt prüfen, versicherte die Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, Eva Quante-Brandt (SPD), Ministerin in Bremen.

Auch Medizinerverbände hatten sich gegen die Vorabquote ausgesprochen und statt dessen gefordert, pro Jahr zusätzlich 1000 Medizinstudienplätzen zu schaffen, um dem Ärztemangel abzuhelfen. Darauf wollten sich Bund und Länder nicht einigen. Eine Länder-AG soll die Frage aber prüfen und im Jahr 2020 einen Bericht dazu vorlegen.

Auch der Masterplan wird von einer Expertenkommission begleitet. Unter der Leitung von Monika Harms, Generalbundesanwältin a.D., soll sie ergründen, wie sich die Reform auf die Studienplatzsituation in der Medizin auswirkt. Die Kommission ist auch damit beauftragt, die strittige Kostenfrage zu klären – und innerhalb eines Jahres einen Vorschlag für eine neue Approbationsordnung für Ärzte vorzulegen.

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